Ergebnisse & Perspektiven des Marxismus

Frauenbefreiung durch Kampf für sozialistische Revolution

Zu Ehren von Antoinette Konikow, Wegbereiterin des Trotzkismus

Zwanzig Prozent weniger Lohn, ungleicher Lohn auch für gleiche Arbeit; sexualisierte und häusliche Gewalt, insbesondere im Familienumfeld; Überbelastung durch Hausarbeit und Kindererziehung; eingeschränkter und kostspieliger Zugang zu Verhütungsmitteln; Schwangerschaftsabbrüche nach wie vor durch Paragraf 218/219 kriminalisiert und für viele kaum bezahlbar; alltägliche Benachteiligung und Marginalisierung aufgrund der Geschlechtsidentität; all das nochmals verschärft für Angehörige ethnischer oder religiöser Minderheiten oder Geflüchtete: Der Kampf gegen die besondere Unterdrückung von Frauen im Rahmen des Kapitalismus ist notwendig wie eh und je!

Vor 75 Jahren starb Antoinette Konikow, eine US-amerikanische Marxistin, die ihr Leben dem Kampf gegen kapitalistische Ausbeutung und insbesondere für die Befreiung der Frau gewidmet hatte. Konikow war Pionierin der Geburtenregelung in den USA, als es verboten war, auch nur über Möglichkeiten der Verhütung zu informieren. Als Ärztin führte sie darüber hinaus selbst Schwangerschaftsabbrüche durch.

Die Vierte Internationale von Leo Trotzki, der Konikow angehörte, trat auch deshalb dafür ein, die Sowjetunion gegen kapitalistische Konterrevolution und den Imperialismus zu verteidigen, weil die Beseitigung des Kapitalismus ungekannte Fortschritte für Frauen ermöglichte – trotz der bürokratischen Degeneration unter Stalin und seinen Nachfolgern. Das Fundament der Frauenunterdrückung im Kapitalismus ist die Institution der bürgerlichen Familie, in der den Frauen die Hauptlast der unbezahlten Hausarbeit, einschließlich der Kindererziehung, aufgebürdet wird, vor allem um eine neue Generation von Lohnarbeitern heranzuziehen. In der jungen Sowjetunion wurde trotz schwerster Bedingungen begonnen, die gesellschaftlichen Funktionen der Familie durch öffentliche Einrichtungen zu ersetzen. Das ist die revolutionäre marxistische Perspektive, die Familie als Institution der Frauenunterdrückung aufzuheben – nicht die Forderung, das Hausfrauendasein mit einem „Lohn für Hausarbeit“ zu verewigen, wie er von einigen Feministinnen gefordert wird und auch bei Konikow anklingt.1

Konikows Empathie und Kampfgeist gegen Frauenunterdrückung und Kapitalismus, die aus ihren nachfolgend ausgewählten Texten sprechen, sind bewunderswert. Dennoch war sie auch ein Kind ihrer Zeit, wie sich an ihrer selbstverständlichen Akzeptanz der Rolle der Frau als Hauptträgerin der verbleibenden Hausarbeit und heimischen Kindererziehung zeigt. Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass zu Konikows Zeit in den USA nur 24% der Frauen einer Lohnarbeit nachgingen2 und eine normale Arbeitswoche in den Betrieben 50 Stunden oder länger dauerte,3 was unter damaligen Verhältnissen weit überwiegend die Männer betraf. Auch ihre Einschätzung, dass die Frau unter dem Sozialismus auch als Hausfrau ihren 6-8 Stundentag hätte, muss vor dem Hintergrund gesehen werden, dass weder Waschmaschine noch Geschirrspüler erfunden waren, und öffentliche Kinderbetreuung – wie sie selbst schreibt – in den USA kaum existierte, von bezahlbaren öffentlichen Wäschereien oder Essensversorgern ganz zu schweigen.

Demgegenüber fielen Konikows unmittelbare Erfahrungen mit den neuen Möglichkeiten eines Arbeiterstaats in die Zeit kurz nach dem ersten imperialistischen Weltkrieg und dem verheerenden Bürgerkrieg in der Sowjetunion, wo sich die parasitäre stalinistische Bürokratie gerade konsolidierte. Grundlage dafür war die fehlende internationale Ausweitung der Revolution, weil in den fortgeschrittenen kapitalistischen Ländern revolutionäre Aufstände niedergeschlagen und – wie in Deutschland – durch die prokapitalistische Sozialdemokratie sabotiert wurden. Einen besseren Eindruck von den Möglichkeiten selbst in einem bürokratisch deformierten Arbeiterstaat gab die DDR, wo auf einer leistungsfähigen industriellen Basis kostenlose Kinderbetreuung und Gesundheitsversorgung existierten und 90% der Frauen im Berufsleben standen. Wie die jüngste drakonische Verschärfung des Abtreibungsverbots im heutigen kapitalistischen Polen unterstreicht, hat die Zerstörung der Arbeiterstaaten und die Wiedereinführung des Kapitalismus – d.h. die kapitalistische Konterrevolution – in der DDR, der Sowjetunion und Osteuropa ab 1989/90 viele Errungenschaften zerstört und die besondere Unterdrückung von Frauen sowie allen, die nicht in das Schema der bürgerlichen Familie passen, erneut verschärft.4

Sowohl der Kampf gegen Frauenunterdrückung als auch für die Arbeiterrevolution sind heute, in der durch die Corona-Pandemie überlagerten Krise des Kapitalismus, aktueller denn je. Notwendig dafür ist vereinter Klassenkampf der Arbeiterklasse – Frauen, Männer und alle anderen, egal welcher Herkunft – und der Aufbau einer revolutionären Partei, die die Arbeiter in einer sozialistischen Revolution zur Macht führen kann. Das erfordert einen Bruch mit dem Reformismus der bürgerlichen Arbeiterparteien SPD und Linkspartei, die die Arbeiter an die Illusion der Reformierbarkeit des Kapitalismus fesseln und das kapitalistische Elend verwalten, statt es zu bekämpfen.

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Zu Ehren von Antoinette Konikow, Wegbereiterin des Trotzkismus

Dieser Artikel ist übersetzt aus Workers Vanguard,5 Zeitung der Spartacist League/U.S., US-Sektion der Internationalen Kommunistischen Liga (IKL).

Boston – Am 15. November [2014], vier Tage vor dem 145. Geburtstag der revolutionären Marxistin Antoinette Konikow, versammelten sich Unterstützer der Internationalen Kommunistischen Liga an ihrem Grab in West Roxbury, Massachusetts, um ihr Leben und ihren Kampfgeist zu feiern. Mit jahrzehntelanger Erfahrung in der internationalen Arbeiterbewegung half Konikow, den Vorläufer der Kommunistischen Partei (KP) in den USA zu gründen. Später wurde sie aus der KP ausgeschlossen, weil sie den Kampf des bolschewistischen Führers Leo Trotzki gegen die Degeneration der Komintern unterstützte, die mit dem Aufstieg der von Stalin geführten parasitären Bürokratie in der Sowjetunion einherging. Als Teil ihrer Rolle beim Aufbau des amerikanischen Trotzkismus setzte sich Konikow, eine Ärztin, für Frauenrechte ein, insbesondere durch die Förderung von Geburtenregelung in einem Land, in dem reaktionäre Kräfte vorherrschten. Auf die untenstehende, für die Veröffentlichung bearbeitete Grabrede folgten ergänzende Bemerkungen der Anwesenden sowie das Singen der Internationale.

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Wir sind heute hier, um das Leben von Antoinette Konikow zu ehren, im Jubiläumsmonat sowohl ihrer Geburt als auch der Russischen Revolution, die sie selbst und Millionen auf der ganzen Welt so inspiriert hat. Die Internationale Kommunistische Liga (Vierte Internationalisten) sieht Konikow sowohl als wegbereitende Trotzkistin als auch als Kämpferin für die Rechte der Frauen.

In Russland geboren, trat sie in der Schweiz als Schülerin in Plechanows Gruppe „Befreiung der Arbeit“ ein. Später, 1893, wanderte sie in die Vereinigten Staaten aus. Fast 60 Jahre lang trat Konikow, mit dem marxistischen Kompass in der Hand, in den wesentlichen Kämpfen der sozialistischen Bewegung für das korrekte Programm ein.

Sie trat 1893 in die Socialist Labor Party ein und wurde 1897 für ihre Gegnerschaft zu deren bürokratischen Methoden ausgeschlossen. Sie sprach schon fünf Sprachen, als sie Jiddisch lernte, um eine wirkungsvollere Organisatorin unter eingewanderten jüdischen Arbeitern zu werden. 1901 war sie eines der Gründungsmitglieder der Socialist Party of America. Während des Ersten Weltkriegs ging sie, inspiriert von der mutigen Opposition des deutschen marxistischen Führers Karl Liebknecht gegen den Sozialpatriotismus, auf Rundreise durch die USA.

Sie unterstützte voll und ganz die bolschewistische Revolution von 1917 und wurde 1919 zu einem Gründungsmitglied der kommunistischen Bewegung in den USA. Sie war eine der ersten in der US-amerikanischen KP, die gegen die stalinistische Degeneration der Sowjetunion Trotzkis Linke Opposition unterstützte, und sie überzeugte fünf andere Parteimitglieder in Boston von deren Standpunkt.

Nachdem James P. Cannons Fraktion in der KP 1928 für ihre Unterstützung der Linken Opposition ausgeschlossen wurde, erhielt Konikow eine Vorladung zum Politischen Komitee der KP. Sie schrieb einen widerständigen Brief an KP-Sekretär Jay Lovestone, in dem sie erklärte: „Ich bin für Trotzkis Ideale eingetreten und habe versucht, in unserer Partei Stimmung für die Opposition zu machen, und ich halte es angesichts der Haltung der Partei zu innerparteilicher Demokratie für mein Recht, das zu tun. Doch es ist nutzlos, von Ihrem Komitee zu erwarten, diese Ansicht zu akzeptieren, denn Ihre Führung würde unter Bedingungen echter Demokratie in unserer Partei nicht lange Bestand haben. Ich bin der Meinung, dass die Partei zur Trotzki-Frage in Sowjetrussland einen unerhört falschen Standpunkt eingenommen hat. Dieser Standpunkt ist das Ergebnis der unterwürfigen Ergebenheit gegenüber der Stalin-Fraktion.“

Nachdem er Konikows Brief bei der Sitzung des Komitees am 2. November vorgelesen hatte, sagte Lovestone auf seine einzigartig boshafte Weise: „Aus ihrem Brief wird offensichtlich, dass sie zur schlimmsten Sorte von Trotzkisten gehört, sowohl biologisch als auch politisch. Je eher wir sie rauswerfen, desto besser für die Partei.“

Konikow, eine Ärztin und Vorkämpferin der Geburtenregelung, wurde durch das Politische Komitee einstimmig ausgeschlossen. Im Gefolge ihres Ausschlusses gründete sie hier in Boston 1928 die Independent Communist League. Diese Organisation fusionierte später mit der ausgeschlossenen Cannon-Fraktion und sie gründeten die Communist League of America, die später zur Socialist Workers Party wurde.

Konikow war immer eine unerschütterliche Kämpferin für Frauenrechte. 1923 veröffentlichte sie Voluntary Motherhood,6 das erste Handbuch für Geburtenregelung von einer US-amerikanischen Ärztin (oder einem Arzt), das sie zur Bildung ihrer überwiegend immigrierten Patientinnen schrieb. Es wurde in seinen ersten drei Auflagen 10000 Mal verkauft. Für ihre Arbeit zur Geburtenregelung wurde sie wiederholt von den Bostoner Behörden verfolgt, und 1928 wurde sie verhaftet, weil sie Verhütungsmittel in der Öffentlichkeit gezeigt hatte. Auf eigene Initiative reiste Konikow 1926 in die Sowjetunion, um ein kostengünstiges Verhütungsgel vorzustellen, das sie zusammen mit John G. Wright entwickelt hatte, einem Chemiker, der auch ihr Schwiegersohn und Genosse und später einer von Trotzkis Übersetzern war. 1931 veröffentlichte sie das Physicians’ Manual of Birth Control, um der weitverbreiteten Unwissenheit in der Ärzteschaft selbst zu begegnen.

Im November 1938 gab es eine Feier anlässlich der 50 Jahre, die Konikow schon revolutionäre Marxistin war. Ihr wurde ein signiertes Bild von Trotzki überreicht, der schrieb: „Wir sind stolz, meine liebe Antoinette, Sie in unseren Reihen zu haben. Sie sind für unsere Jugend ein wundervolles Vorbild an Energie und Hingabe. Ich umarme Sie mit dem Wunsch: Lang lebe Antoinette Konikow. Mit brüderlichem Gruß, Leo Trotzki, 28. Oktober 1938, Coyoacán.“

Ich werde mit zwei Zitaten aus ihrer Rede bei dieser Versammlung abschließen; die Worte springen auch heute noch ins Auge:

„1888, vor 50 Jahren, trat ich der Sozialdemokratischen Partei Russlands bei. Das Leben war so finster und hoffnungslos, wie es vielen auch heute erscheinen mag. Ich war begeistert, als ich Plechanows Worte auf dem ersten Kongress der Zweiten Internationale hörte: ‚Nur die Arbeiterklasse wird die russische Revolution anführen!‘ Doch die Arbeiterklasse Russlands war geistig sogar noch weiter von uns entfernt als die Arbeiter in den Vereinigten Staaten es heute sind. Wenn uns zu dieser Zeit irgendjemand gesagt hätte, dass 15 Jahre später ein Streik von eineinhalb Millionen Arbeitern beinahe den Zarismus stürzen würde, und dass 15 Jahre danach der russische Soldat seine Waffe nicht nur gegen den Zarismus, sondern gegen die russische Bourgeoisie wenden würde, hätten wir das nicht geglaubt. Wir hätten gelacht. Doch es geschah – und es wird wieder geschehen. Nur wird es dieses Mal nicht 30 Jahre dauern.“

Zu den Jugendlichen, die an diesem Tag im Raum waren, sagte sie: „Wir legen ein unbeflecktes Banner in eure Hände. Viele Male wurde es in den Dreck gezogen. Wir hoben es auf und reinigten es liebevoll, um es euch zu übergeben. Unter dem roten Banner von Marx, Lenin und Trotzki werdet ihr siegen.“

Heute an ihrem Grab halten wir die Erinnerung an Antoinette Konikow in Ehren.

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Geburtenregelung ist kein Allheilmittel, aber sie verdient die Unterstützung der Arbeiterbewegung gegen die Reaktion

Der folgende Artikel ist übersetzt aus The Militant, 1. Februar 1941,7 Zeitung der damals revolutionär-trotzkistischen Socialist Workers Party (SWP).

Die Errungenschaften der Bewegung für Geburtenregelung in diesem Land sind schwerlich gesichert. In der Vergangenheit war die Bewegung in fast allen Bundesstaaten erfolgreich. Die erste Klinik wurde 1923 in New York eröffnet. Heute werden 529 Kliniken in den Vereinigten Staaten gezählt. Aber Geburtenregelung wurde in zwei Bundesstaaten – Massachusetts und Connecticut – für illegal erklärt und kann auch anderswo untergraben werden.

Eine kurze Geschichte des rechtlichen Status von Geburtenregelung in diesem Land mag hilfreich sein. Das Comstock-Gesetz von 1873, das den Handel und die Verbreitung von anstößiger Literatur und Gegenständen mit unsittlicher Verwendung untersagte, fasst Geburtenregelung ausdrücklich mit Abtreibung und anstößiger Literatur und ebensolchen Gegenständen zusammen. Das ist ein immer noch geltendes Bundesgesetz, 24 Bundesstaaten haben ähnliche Gesetze verabschiedet. Acht Staaten – New York, Ohio, Colorado, Indiana, Iowa, Minnesota, Nevada und Wyoming –, fügten Regelungen hinzu, mit denen Ärzte, die ein Instrument oder einen Gegenstand zur Behandlung oder Verhinderung einer Erkrankung anwenden, von der Verfolgung durch dieses Gesetz ausgenommen werden. In anderen Staaten war die Notwendigkeit von Informationen zur Geburtenregelung jedoch überall so offensichtlich und die öffentliche Meinung so sehr zu ihren Gunsten, dass die Gesetze gegen sie nicht durchgesetzt wurden. In mehreren Fällen, wo Verhaftungen von Vortragenden zur Geburtenregelung (mir selbst, zum Beispiel) oder Autoren von Büchern über Sex-Probleme durchgeführt wurden, sind die Prozesse eingestellt oder manche sogar von den Angeklagten gewonnen worden.

Gefahren für Befürworter der Geburtenregelung

Aber das lag im Ermessen der Gerichte, die zu dieser Zeit entschieden, die bundes- oder zentralstaatlichen Gesetze so auszulegen. Das Gesetz kann jedoch jederzeit so durchgesetzt werden, wie es heute in Massachusetts und Connecticut geschieht, ohne jede Regelung, die es Ärzten erlauben würde, Geburtenregelungsmaßnahmen zu verordnen, selbst zum Schutz der Gesundheit (außer in den acht oben erwähnten Bundesstaaten). In 24 Staaten, wo es kein auf die Geburtenregelung anwendbares Gesetz gibt, wozu Illinois, Michigan, Rhode Island und New Hampshire gehören, kann das zentrale Comstock-Gesetz eingesetzt werden.

Es wurden schon viele Versuche unternommen, Geburtenregelung von den Gesetzen gegen Unzüchtigkeit auszunehmen. 1924 fanden sich zwei Senatoren, die fortschrittlich genug waren, um einen solchen Gesetzentwurf einzubringen, doch er erlitt eine Niederlage. 1934 wurde ein Gesetzentwurf, der Ärzte, Krankenhäuser und zugelassene Kliniken von den Regelungen des Comstock-Gesetzes ausnahm, sowohl vom Senat als auch vom Repräsentantenhaus angehört und sogar in den Abschlusstagen der Sitzungsperiode vom Senat angenommen, nur um dann eilig überdacht und abgeschossen zu werden.

Massachusetts und Connecticut können sehr wohl den Anfang einer reaktionären Welle markieren, die versuchen könnte, den Fortschritt zu zerstören, der auf diesem Gebiet im ganzen Land gemacht wurde.

Katholische Opposition und ihre internen Schwierigkeiten

Eine der stärksten Gegnerinnen der Geburtenregelung ist die katholische Kirche, die in Massachusetts, wo 41% der Bevölkerung katholisch sind, beträchtlichen Einfluss ausübt. In Holyoke, Massachusetts, wurde ein Vortrag von Margaret Sanger angesetzt, der in der First Congregational Church stattfinden sollte. Der katholische Einfluss setzte sich im Kirchenkomitee durch, so dass die Erlaubnis zur Durchführung der Versammlung zurückgezogen wurde. Nach der Verlegung zum Turnverein von Holyoke wurde ähnlicher Druck ausgeübt, und der Saal löste seinen Vertrag auf. Die Versammlung wurde dennoch durchgeführt, denn die Textilarbeiter der CIO-Gewerkschaft boten dem Birth Control Commitee ihren Hauptsitz an. Es ist sehr erfreulich festzuhalten, dass eine Arbeiterorganisation durch die Aktion Unabhängigkeit und ein Interesse an Geburtenregelung bewies.

Der starke Trend zugunsten von Geburtenregelung erweist sich durch die Tatsache, dass sogar die katholische Kirche einen Kompromiss hinnehmen musste. Während sie die von Ärzten akzeptierte wissenschaftliche Methode energisch ablehnt, billigt sie eine Art der Geburtenregelung, die in Dr. Latz’ Buch Rhythm beschrieben wird. Die physiologische Theorie, auf der dieses System aufbaut, wurde durch kompetente Forschungsarbeit als falsch erwiesen. Es ist jedoch offensichtlich, dass die katholische Kirche gezwungen wurde, ihre strenge Ablehnung jeglicher Form von Geburtenregelung aufzugeben. Katholische Frauen verlangen das Recht auf Information über Geburtenregelung.

Das Ladies’ Home Journal berichtete in einer Umfrage über Geburtenregelung 1938, dass 51% der katholischen Frauen dafür stimmten. Von diesen erklärten 81%, dass sie auf Grund von beschränktem Familieneinkommen dafür sind. Wenn 51% es wagten, entgegen den Diktaten ihrer Kirche abzustimmen, dann muss es viele mehr geben, die damit übereinstimmen, aber sich nicht zu äußern wagen.

Parteien der Arbeiterklasse [in den USA] haben nie offiziell eine Position zur Frage der Geburtenregelung eingenommen. Der Hauptgrund ist ohne Zweifel, dass die Führung der Geburtenregelungsbewegung vollständig in den Händen von Vertretern der Mittelschicht lag, von denen viele immer noch Anhänger der fast ausgestorbenen Theorie von Malthus sind.

Malthus, ein bekannter Ökonom des 18. Jahrhunderts in England, behauptete, dass Armut aus der Tatsache entspringe, dass das Wachstum der Bevölkerung schneller verlief als die Produktion von Nahrungsmitteln. Den verarmten Arbeitern von England (der Kapitalismus hatte gerade erst angefangen, sich zu entwickeln) predigte er Enthaltsamkeit als Mittel, um ihre Lebensumstände zu verbessern. Seine Anhänger, die Neo-Malthusianer, setzten Geburtenregelung an die Stelle der Enthaltsamkeit. Wie Malthus halten sie jedoch Überbevölkerung für die Quelle alles Bösen in der Welt – Armut, Krieg, usw. Vermeintlich erhielten ihre Theorien große Unterstützung, denn die Praxis der Geburtenregelung breitete sich rasant aus und die Geburtenrate ist in allen industriell fortgeschrittenen Ländern gefallen. Das zeigt jedoch keine Akzeptanz neo-malthusianischer Theorien an, sondern ist das Ergebnis des Drucks ökonomischer Kräfte auf das Leben der Frau.

Die Industrialisierung oder der Kapitalismus brachten die Frauen in die Fabriken, Büros und Berufsstände. Die Frauen mussten Arbeit und Kinderkriegen miteinander verbinden. Die Geburtenregelung war der Protest der Frau gegen das Leiden unter dem Kapitalismus. Arbeitende Männer und Frauen suchen nach Informationen über Geburtenregelung nicht aus Angst vor einer zukünftigen weltweiten Überbevölkerung, sondern um diese in ihren eigenen Wohnungen zu verhindern, um den Hunger von ihren eigenen Türen fernzuhalten.

Es ist wichtig, Geburtenregelung von ihrem Stiefvater, dem Malthusianismus, abzugrenzen. Viele Revolutionäre setzen diese Fluchttheorie der Mittelschicht mit der Unterstützung für Geburtenregelung seitens der Massen gleich. Lenin sprach sich selbst entschieden gegen Geburtenregelung aus, argumentierte aber tatsächlich gegen die neo-malthusianische Theorie.8

In Sowjetrussland (1926) führte mein Interesse an ihrer Arbeit zur Geburtenregelung üblicherweise zu der Bemerkung: „Oh! Du bist eine Malthusianerin!“ Ich hatte lange Diskussionen mit führenden Leuten, darunter Clara Zetkin, über dieses Thema. Für sie bedeutete Geburtenregelung Malthusianismus.

Was ist die wesentliche Bedeutung von Geburtenregelung für die Arbeiter und ihre Familien? Sie ermöglicht geplante Elternschaft und geplante Geburtenabstände, was es der arbeitenden Frau erlaubt, Arbeit und die Freude der Mutterschaft zu verbinden, ohne ihre Gesundheit oder das Wohlbefinden ihres Kindes auszuzehren. Sie macht einen etwas besseren Lebensstandard für die Durchschnittsfamilie möglich. Die arbeitende Frau hat mehr Freizeit, um sich politisch zu entwickeln und an Arbeiterorganisationen teilzuhaben. Der Arbeiter, nicht überlastet durch familiäre Verpflichtungen und Sorgen, kann umfassender an seiner Gewerkschaft oder Partei teilhaben.

Geburtenregelung ist keinesfalls ein Allheilmittel für die Übel des Kapitalismus, aber sie bietet den Arbeitern während der Periode der Knechtschaft unter dem Kapitalismus einigen Raum zum Atmen. Arbeiter, insbesondere politisch entwickelte Arbeiter, sollten deshalb jeglichen Fortschritt, der in Richtung der Ermöglichung von Informationen zur Geburtenregelung gemacht wurde, gegen den Ansturm von Reaktionären schützen. Gewerkschaften mit Gesundheitszentren sollten für Geburtenregelungskliniken sorgen, die von effizienten Ärzten geführt werden. Geburtenregelung dient oft als Mittel, um in die Organisationen arbeitender Frauen die grundlegenden Ideen des Klassenkampfs einzubringen. Ich habe eine Reihe von Frauen für die Sache des Sozialismus gewonnen, indem ich zuerst mit Vorträgen zu diesem Problem an sie herangetreten bin.

Ohne Zweifel wird es unter dem Sozialismus einen Zuwachs der Bevölkerung geben, da die Angst vor Unsicherheit verschwunden sein wird. Frauen werden sich jedoch nicht darauf einlassen, bloße Gebärmaschinen zu sein. Aus Gründen der Gesundheit oder um mehr Zeit für die Erreichung von Bildung und Kultur zu bieten, wird die Familie begrenzt werden. Unter dem Sozialismus wird es in der wissenschaftlichen Forschung zu diesem Thema und in der Bildung und Unterrichtung aller bezüglich geplanter Elternschaft große Fortschritte geben. Man muss keine Sorge haben, dass die Bevölkerung schrumpfen wird, denn wenn Eltern selbst unter den heutigen Bedingungen immer noch Kinder wollen, obwohl das zusätzliche Entbehrung und Leiden bedeutet, um wieviel mehr wird dieses Bedürfnis zu Tage treten, wenn die Gesellschaft Kindern alles zu bieten haben wird – Gesundheit, Bildung und die Möglichkeit, sich zu glücklichen, nützlichen Menschen zu entwickeln. Welches Elternteil könnte mehr verlangen?

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Muttertag ist am 12. Mai – was ist mit den anderen 364 Tagen?

Der folgende Artikel ist übersetzt aus Socialist Appeal, 11. Mai 1940.9, dem Namen, unter dem die Zeitung der SWP zwischen 1936 und 1941 erschien.

Diesen Sonntag, den 12. Mai, ist Muttertag. Was für ein Hohn! Ein Geistesblitz der Wunderheiler dieses kränkelnden Systems, der Werbefachleute, die es als Kräftigungsmittel für das Geschäft und als seltene Gelegenheit erdacht haben, auf ein unbegrenztes Publikum (alle haben eine Mutter) kitschige und nicht verkaufbare Waren abzuladen, die ansonsten unverkauft bleiben könnten. So wird ein schönes und echtes Gefühl durch die Berührung mit der Welt der schnellen Verkäufe und der riesigen Profite entwürdigt und verzerrt. Die Mutterliebe erhält nun ihren Marktwert von diesen ehrenwerten Gefühlsmenschen, den Fabrikanten und Kaufleuten, deren mürrische Gemüter nur auf ein überwältigendes Gefühl reagieren – die Gier nach Profit.

Heute wird die Mutter mit Süßigkeiten, Blumen und Geschenken gefeiert. Heute denken alle, auf Befehl der Bosse, an die Mutter. Morgen und übermorgen, 364 mal morgen kämpft die Mutter weiter mit Problemen, die von genau diesen Bossen und ihrem System erzeugt werden – Armut, Arbeitslosigkeit, Hunger, Not, Krankheit und die Plage, die sie oft ihrer Mutterschaft beraubt – Krieg.

Was bedeutet Mutterschaft für die Frau eines Arbeiters oder eines Mittelschicht-Mannes heutzutage? Die Mutter kann, teilweise oder ganz, die Lohnempfängerin sein. Mutterschaft bedeutet zusätzliche Arbeit und ständige Sorge nicht nur um die unmittelbare Gegenwart, sondern auch um die Zukunft. Mütter erinnern sich an ihre eigene freudlose Kindheit, ihre überarbeiteten, verbitterten Eltern, die durch ein Leben voller Plackerei und Schufterei abgestumpft und gealtert wurden und mit denen keine wirkliche Geselligkeit möglich war. Sie erinnern sich an ihre Träume – von der Schule, von der Ausbildung zu nützlicher Arbeit, von einfachen Luxusgütern, von Berührung mit einer unbekannten Welt der Kunst und der Musik – wovon die meisten nie verwirklicht wurden. Und weil sie ihre Kinder, geborene und ungeborene, so lieben, schrecken Frauen heute eher vor der Mutterschaft zurück, als bei denen, die ihnen lieb sind, eine unglückliche Kindheit und eine gescheiterte Vorbereitung auf das Erwachsenenleben wiederholt zu sehen.

Viele Frauen sind heutzutage im Streik gegen Kinder, als ihren Ausdruck des Protests gegen die Bedingungen, unter denen sie sich der Mutterschaft stellen und Familien aufbauen müssen. Die erste Nachfrage jeder frisch verheirateten Frau ist, wie sie ungewollte Mutterschaft verhindern kann. Hat sich die menschliche Natur geändert? Sind die Frauen hart und lieblos und selbstsüchtig geworden? Wie absurd! Der Drang, das Eigene zu erschaffen, die Entwicklung eines menschlichen Wesens zu beobachten, fast Teil von einer selbst, von einem kleinen Tier, das schläft und isst, zu einem wachsenden, denkenden Erwachsenen, dessen Fortschritt man mit Stolz und Anteilnahme verfolgt – dieses instinktive Verlangen nach Nachkommen kann nicht unterdrückt werden – nein! Nicht einmal durch das kapitalistische System, das heute so viele Eltern ihres Rechts beraubt, Familien aufzubauen. Der Traum der meisten jungen verheirateten Paare ist, diesen Zustand von bescheidener finanzieller Sicherheit zu erreichen, der es ihnen ermöglichen wird, ein Kind und vielleicht eine ganze Familie zu haben.

Frauen wird (juristisch) nicht das Recht zugestanden, die Größe und die zeitlichen Abstände ihrer Familie zu bestimmen. Krankenhäusern und Ärzten ist es in vielen Bundesstaaten nicht erlaubt, Frauen über Geburtenregelung zu informieren. Wegen dieser scheinheiligen und barbarischen Gesetze wurde ein Gewerbe geschaffen, das mit geschmuggelten Informationen handelt und unzureichende, teure und oft schädliche Arzneien und Gerätschaften verabreicht. Jeden Tag gefährden Frauen lieber ihre Gesundheit, erleiden Schmerzen und unnötige Qualen, als Kinder zu bekommen, denen sie außer Liebe nichts bieten können.

Heute, wo der Krieg auf der Tagesordnung steht, kommt bei der Feier des Muttertags zur Scheinheiligkeit noch Verachtung hinzu.

„Mutter“, sagen die Bosse, „wir schätzen dich – du gebärst die jungen Männer, die wir für die Armee brauchen. Du leidest und arbeitest hart, du opferst dich auf und planst, um schöne gesunde Jungen zu produzieren. In den Schlachten mit den Söhnen der Mütter anderer Länder können wir eine Menge davon gebrauchen – um unseren Handel und unsere Profite zu beschützen, d.h. – die Demokratie. Der Gedanke an diese Mütter, deren Söhne getötet werden, sollte dich nicht stören. Sie sind Feinde und haben nicht die gleichen Gefühle wie du. Was sagst du da? Dein Sohn könnte getötet werden und die Söhne anderer Mütter, die keine Feinde sind? Ja, aber dann wirst du die Befriedigung haben, zu wissen, dass er als Held starb – und du wirst mit einer goldenen Medaille geehrt werden und einen Ehrensitz bei öffentlichen Angelegenheiten bekommen. Außerdem hätte er wahrscheinlich keinen Job bekommen, und wäre ein Penner oder Gauner gewesen, also ist es vielleicht auch gut so.“

Mütter! Die gezuckerten Geschenke verbergen die bittere Pille des Systems der Bosse. Unter dem Kapitalismus kann es keine Verbesserung der Bedingungen für Frauen, für Mütter von Familien geben. Nur in einer sozialistischen Gesellschaft werden Mütter die Sicherheit erreichen, die es ihnen erlauben wird, Kinder ohne Angst um ihre Zukunft aufzuziehen. Doch niemand wird euch das als Geschenk geben. Ihr werdet für den Sozialismus ringen und kämpfen müssen, ihr gemeinsam mit den Arbeitern, Männern und Frauen, schwarz und weiß, alt und jung, in diesem Land und in anderen – denn ihre Sache ist eure, und nur durch den Sieg der Arbeiter werden die Mütter ihre Probleme lösen. Nur wenn sich die ganze Menschheit aus Sklaverei und Ausbeutung erhebt und ein freies und reichhaltiges Leben genießt, werden Frauen sich mit Freude, Selbstbewusstsein und Stolz dafür entscheiden, Mütter zu werden. Die Kleinen für ein Leben in einer sozialistischen Gesellschaft aufzuziehen und vorzubereiten, für nützliche Arbeit, für unbegrenzte Errungenschaften in Wissenschaft, Industrie und Kunst – das wird aus der Mutterschaft tatsächlich einen interessanten, wichtigen und geehrten Beruf machen.

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Was der Sozialismus für die Frauen bedeuten wird, die zuhause schuften

Der folgende Artikel ist übersetzt aus Socialist Appeal, 30. März 1940.10

Werden Hausfrauen für ihre Arbeit bezahlt? Ich habe über dieses Problem eine amüsante Geschichte gehört. Eine Frau, die Statistiken erhob, besuchte eine Arbeiterfamilie. Niemand war zuhause, außer einem kleinen Jungen. Die Frau erkundigte sich nach dem Lohn des Vaters, des Bruders und der Schwester. Schließlich fragte sie nach den Einkünften der Mutter. „Oh,“ sagte der kleine Kerl sehr stolz, „meine Mutter arbeitet nicht.“

„Sie arbeitet nicht?“ fragte die Frau. „Aber kocht und wäscht und bügelt und flickt und putzt sie nicht? Ist sie nicht den ganzen langen Tag auf den Beinen und tut etwas? Nennst du das keine Arbeit?“

Der kleine Junge war etwas verwirrt; dann sagte er: „Ja, das ist wahr, aber, wissen sie, diese Art von Arbeit wird nicht bezahlt.“

Der kleine Junge hatte recht. Die Arbeit der Hausfrau wird nicht bezahlt. Tatsächlich wird ihre Arbeit überhaupt nicht als Arbeit anerkannt oder gar respektiert. Es ist das alte Lied; je weniger du für deine Arbeit bezahlt bekommst, desto mehr wird sie verachtet, und wenn du überhaupt nicht bezahlt wirst – nun, dann wird all die Schufterei selbst von deiner eigenen Familie kaum anerkannt.

Das wirft die Frage auf: Warum bekommt eine Hausfrau für ihre langen Arbeitsstunden nur Kost, Logis und Kleidung? „Sie arbeitet für ihre Kinder“, ist oft die Antwort. Die geheiligte Mutterschaft bedeutet ständige Aufopferung. Aber es wirkt seltsam, dass die Herrlichkeit der Aufopferung in der Mutterschaft nur den Frauen von Arbeitern oder Frauen der unteren Mittelschicht bekannt ist. Mütter in wohlhabenden Familien macht es nichts aus, den Heiligenschein zu verlieren – indem sie Hilfe anheuern, um die ganze harte Arbeit der Mutterschaft zu erledigen. Und es ist harte Arbeit! Die Leserinnen des Ladies Home Journal stimmten einstimmig ab, dass Frauen mit kleinen Kindern härter arbeiten als ihre Männer in der Fabrik.

Die Ehefrau arbeitet für den Boss ihres Ehemanns!

Wird die Frau eines Arbeiters wirklich von ihren Kindern und ihrem Ehemann ausgebeutet? Meine Antwort ist „nein“. Wenn der Arbeiter seinem Boss seine „Hände“ verkauft, verkauft er gleichzeitig die „Hände“ seiner Frau an den gleichen Boss, weil nur die unbezahlte Arbeit seiner Frau es ihm ermöglicht, mit seiner Familie von dem Lohn zu leben, der ihm gezahlt wird. Die Frau denkt, sie schuftet Tag und Nacht für ihren Mann und ihre Kinder – in Wirklichkeit arbeitet sie für den gleichen Boss, der ihren Mann ausbeutet. Die Hausfrau hat daher ein Recht, die Frage zu stellen: Wie sieht es im Sozialismus mit meiner Arbeit aus? Was werde ich davon haben?

Um eine richtige Antwort zu geben, müssen wir erst eine angemessene Erklärung davon geben, was Sozialismus wirklich bedeutet. Ich hoffe, auf dieses Problem ein anderes Mal mehr im Einzelnen einzugehen. Sozialismus bedeutet die Verwaltung der Betriebe und Fabriken durch die Arbeiter selbst, denn die Fabriken werden dann nicht den Bossen gehören. Ein Teil des Einkommens wird an den Arbeiterstaat gehen, um Ausgaben für Bildung, Gesundheit und Verwaltung zu decken, aber jeder Arbeiter wird ein größeres Einkommen haben und gleichzeitig weniger Stunden arbeiten. Ein größeres Einkommen für den Arbeiter wird ihm die Möglichkeit geben, die Arbeit seiner Frau zu erleichtern. Die Wäsche kann gegen Bezahlung erledigt werden, ein Teil der Mahlzeiten kann in gemeinschaftlichen Essensräumen eingenommen werden; das Nähen kann wegfallen; und sogar einiges der Hausreinigung kann gegen Bezahlung erfolgen. Ein besseres Einkommen wird die Frau natürlich von vielen Aufgaben entlasten, die sie jetzt erledigt, weil sie kein Geld hat, um dafür zu bezahlen.

Die Oktoberrevolution zeigte den Weg

Schauen wir uns an, was in Sowjetrussland für die Mütter getan wurde, bevor die Stalin-Bürokratie eingriff. Ich war 1926 dort und war zutiefst beeindruckt von den Vorteilen, die sich die Arbeiter und ihre Frauen gesichert hatten. Um die Arbeit der Mutter in der Sowjetunion zu verringern, wurden Kindertagesstätten für Babies und kleinere Kinder eingerichtet. Fast jede große Fabrik hatte solche Kitas, die von zuverlässigen Erzieherinnen verwaltet wurden.

Der Mann in der Fabrik konnte in den Speisesälen, die an die Fabriken oder an sein Gewerbe angebunden waren, für eine geringe Summe ein gutes Abendessen kaufen. Seine Frau und Kinder durften ihr Abendessen in dem selben Speisesaal einnehmen. Arbeiterinnen, die eine Mutterschaft erwarteten, erhielten vor und nach der Entbindung zwei Monate Urlaub bei voller Bezahlung; ebenso eine Säuglingsausstattung und kostenlose Milch für das Baby oder die stillende Mutter. Arbeitende Frauen, die ihr Baby stillten, konnten die Arbeit alle vier Stunden unterbrechen, um das Baby in der Kita zu stillen. Die Arbeiter hatten kostenlose Gesundheitsversorgung, kostenlose Krankenhäuser und einen Monat bezahlten Urlaub. Im Krankheitsfall erhielt der Arbeiter für eine gewisse Zeit seinen vollen Lohn und dann unbegrenzt lange seinen halben Lohn.

Alle diese Rechte, die die Arbeiter in Sowjetrussland durch die Revolution erreicht hatten, wurden später abgeschliffen oder nur für die stalinistische Bürokratie und ihre Ja-Sager vorbehalten. Die Fabrik-Mahlzeiten wurden so schlecht und teuer, dass die Arbeiter aufhörten, die Fabrik-Speisesäle zu besuchen. Die kostenlose medizinische Versorgung wurde zu schlechter Behandlung durch überarbeitete Ärzte, die sich fürchteten, das Kranksein von Arbeitern zu bezeugen, weil sie von den Behörden beschuldigt und verfolgt wurden, sie würden die Krankengeldansprüche zu leichtfertig gewähren.

Die bezahlte Zeit für werdende Mütter vor und nach der Entbindung wurde auf einen Monat gekürzt. Frauen, die freie Zeit hatten, mussten, anstatt diese zu genießen, in Fabriken arbeiten, weil die Löhne ihrer Männer unzureichend waren, oder sie mussten ihre Zeit mit Schlangestehen verbringen, um Essen oder Kleidung zu kaufen.

So nahmen die stalinistischen Bürokraten den Arbeitern die Verbesserungen weg, die begonnen hatten, das Los der Hausfrau zu erleichtern. Wenn die russischen Arbeiter die stalinistische Bürokratie stürzen, werden sie diese Verbesserungen wiederbeleben und ausweiten. Gleiches werden wir auch hierzulande tun.

Wie wir in den Vereinigten Staaten anfangen würden

Nach dem Erringen der Macht der Arbeiter wäre die erste Aufgabe, um das Leben der Frauen zu erleichtern, die Einrichtung von Kitas, Kindergärten und Spielplätzen in ausreichender Menge – hier in den Vereinigten Staaten ist ihre Zahl beklagenswert klein. Die nächste wäre die Organisierung von gemeinschaftlichen Essensräumen, um Mütter von ihrer Küchenschufterei zu entlasten. Selbst dann bliebe noch reichlich Arbeit für die Mütter übrig: sich um kleinere Mahlzeiten kümmern, das Haus in Ordnung halten, sich um die Kleidung kümmern, die Kinder außerhalb von Schule oder Kitas unterhalten oder beaufsichtigen, Kinder mit kleineren Erkrankungen pflegen. Ja, selbst unter dem Sozialismus hätte die Mutter ihre 6–8 Stunden Arbeit am Tag.

Aber dann wäre der Ehemann, der ein besseres Einkommen bekäme, in der Lage, ihr einen „Zuschuss“ zu geben, wie Männer der Mittelschicht das Geld nennen, das sie ihren Ehefrauen geben. Ich denke, Hausfrauen würden es lieber „Bezahlung für ihre Arbeit“ nennen. Tatsächlich würde ich gerne in einem weiteren Brief die Möglichkeit diskutieren, dass die Mutterschaft unter dem Sozialismus als ein Beruf angesehen werden und vom Staat bezahlt werden sollte, genau wie Erzieherinnen und Lehrer heutzutage.


  1. Zum marxistischen Programm zur Frauenbefreiung, siehe auch den Artikel „Kommunismus und Familie“, Spartakist Nr. 209, August 2015.

  2. https://www.infoplease.com/business/labor/women-labor-force.

  3. https://eh.net/encyclopedia/hours-of-work-in-u-s-history/

  4. Zur Situation von Frauen in der DDR, siehe den Artikel „Frauen und der deformierte Arbeiterstaat DDR “, Spartakist Nr. 185, Oktober 2010.

  5. Nr. 1057, 28. November 2014.

  6. Diverse Ausgaben sind unter www.marxists.org/history/etol/writers/konikow verfügbar.

  7. Bd. V, Nr. 5, S. 5.

  8. Konikow meint wahrscheinlich Äußerungen Lenins wie in seinem Artikel „Arbeiterklasse und Neomalthusianismus“ (1913, in Werke, Bd. 19, S. 225ff.), wo er „Neomalthusianismus“ und „künstliche Maßnahmen zur Empfängnisverhütung“ gleichsetzt, aber auch betont:

    „Selbstverständlich hindert uns das nicht im geringsten, die unbedingte Aufhebung aller Gesetze zu fordern, die die Abtreibung oder die Verbreitung medizinischer Werke über empfängnisverhütende Mittel usw. unter Strafe stellen. Solche Gesetze sind nichts als eine Heuchelei der herrschenden Klassen. Diese Gesetze kurieren nicht die Schwären des Kapitalismus, sondern machen sie nur besonders bösartig, besonders unerträglich für die unterdrückten Massen.“

  9. Bd. 4, Nr. 19, S. 4.

  10. Bd. IV, Nr. 13.

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