Ergebnisse & Perspektiven des Marxismus

John Bellamy Foster & Co.: „Ökosozialismus“ gegen Marxismus

8. August 2021 – Wetterextreme wie die jüngsten Überschwemmungen in Südwestdeutschland (neben denen etwa in Indien, Uganda oder China) und die verheerenden Brände in Griechenland und der Türkei führen regelmäßig zu hektischen Debatten über den Klimawandel als vermeintlich größtem Problem der Menschheit. Im beginnenden Bundestags-Wahlkampf lenken die bürgerlichen und die sozialdemokratischen Parteien gerne davon ab, dass das Ausbeutungssystem, um dessen Verwaltung sie sich bewerben, die größte Quelle für Zerstörung und Elend auf dieser Welt ist, und alle sonstigen Übel nur verschärft. Wie im nachfolgend übersetzten Artikel festgestellt wird, ist

„das profitgetriebene kapitalistische System – gekennzeichnet durch die Anarchie der Produktion und die wilde Jagd nach Märkten, durch die Aufteilung der Welt in Nationalstaaten und die damit einhergehenden interimperialistischen Rivalitäten – ein grundlegendes Hindernis für die Bewältigung des unbeabsichtigten menschlichen Beitrags zum Klimawandel… Der verfallende moderne Kapitalismus verschlimmert auch den potenziellen Schaden einer sich erwärmenden Erde für die Menschheit. Die elenden Bedingungen, die die Imperialisten den Ländern der Dritten Welt auferlegt haben, machen deren Bevölkerungen besonders anfällig für den Klimawandel, ganz zu schweigen von Krankheiten, Hungersnöten und anderen allgegenwärtigen Verwüstungen.“

Die Grünen, die sich als die Partei der Umweltbewegung darstellen und üblicherweise auch so wahrgenommen werden, sind eine rein bürgerliche Partei. Wie auch bei den bürgerlichen Arbeiterparteien SPD und Linkspartei – die sich vermittels der Gewerkschaften auf die Arbeiterklasse stützen, aber ebenfalls ein völlig bürgerliches Programm vertreten –, ist ihr Ziel, den Kapitalismus zu verwalten. Dieser bringt auf der Jagd nach Profitmaximierung zwangsläufig Frauenunterdrückung, Rassismus, Armut und Krieg hervor und zerstört auch die natürlichen Lebensgrundlagen der Menschheit.

In der Bundesregierung unter SPD-Kanzler Schröder haben die Grünen mit ihrem Außenminister Joschka Fischer 1999 gegen Serbien den ersten Kriegseinsatz des deutschen Imperialismus seit dem Zweiten Weltkrieg durchgesetzt und mit der Agenda 2010 und den Hartz-Reformen einen Großangriff auf die Lebensbedingungen der arbeitenden Bevölkerung in Deutschland begonnen. Von Libyen 20111 über die Ukraine 20142 bis zum Bürgerkrieg in Syrien sind sie immer an vorderster Front, um im Namen von „Freiheit“ und „Demokratie“ reaktionäre, pro-imperialistische „Oppositions“-Kräfte zu unterstützen. Daheim posieren sie als „antirassistisch“ und als Freunde derjenigen, die aus den Ländern fliehen, deren Zerstörung durch imperialistische Angriffe und Einmischung sie erst unterstützt haben. An der Regierung setzen auch sie rassistische Verdrängung und Abschiebungen durch.3

Während die Grünen offen für einen „ökologischen“ Kapitalismus eintreten, verstecken diverse Reformisten unter dem Label „Ökosozialismus“ ebenfalls ein Programm, dass auf eine „ökologische“ Reform des Kapitalismus hinausläuft. Zu dieser Richtung zählt John Bellamy Foster, Herausgeber der aus dem Maoismus stammenden Zeitschrift Monthly Review in den USA und Autor von Büchern wie Was jeder Umweltschützer über den Kapitalismus wissen muss.4 Bei der Rosa-Luxemburg-Konferenz der jungen Welt im Januar 2021 referierte er über die „Ökologische Krise“,5 zuvor wurden mehrere seiner Artikel in junge Welt veröffentlicht.6

Der folgende Artikel ist übersetzt aus Workers Vanguard,7 Zeitung der Spartacist League/U.S., US-Sektion der Internationalen Kommunistischen Liga (IKL).

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Der Weltklimarat8 (IPCC) der Vereinten Nationen hat am 27. September [2013] einen neuen9 umfassenden Bericht über die wissenschaftliche Forschung zum Thema Klima veröffentlicht. Der maßgebliche Bericht kommt zu dem Schluss, dass die jüngste Erwärmung des Planeten „eindeutig“10 ist und dass menschliche Aktivitäten „äußerst wahrscheinlich“11 die Hauptursache sind. Mit der weiteren Erwärmung der Erde werden der Anstieg des Meeresspiegels und der Verlust des arktischen Meereises voraussichtlich etwas stärker ausfallen als im letzten Bericht des IPCC aus dem Jahr 2007 prognostiziert, obwohl die Wetterextreme wahrscheinlich nicht so schlimm sein werden, wie einige Schlagzeilen vermuten ließen.

Wie zu erwarten war, feuerten die „Klimaskeptiker“ eine Salve von wissenschaftsfeindlichem Gefasel ab, um den Bericht zu diskreditieren, während das gesamte Spektrum der Umweltschützer den Bericht als Alarmzeichen für ein sofortiges Handeln der Regierungen verstand. Zu den grünen Missionaren gehört [in den USA] System Change Not Climate Change: The Ecosocialist Coalition (SCNCC). Dieses Bündnis wurde von den Reformisten der International Socialist Organisation (ISO)12 zusammen mit der Gruppe Solidarity initiiert, um „Öko und Sozialismus zusammenzuführen“. Zu den weiteren Unterstützern gehören die Pseudotrotzkisten von Socialist Action, die linken Intellektuellen von Monthly Review, die spirituell orientierten Ecosocialist Horizons und Ortsverbände der kleinen kapitalistischen Green Party.

Für junge radikale Aktivisten mag es selbstverständlich erscheinen, Ökoradikalismus mit Sozialismus zu verbinden. Aber Umweltschutz-Ideologie und Sozialismus sind völlig unvereinbar. Alle Varianten der Umweltbewegung sind Ausdruck bürgerlicher Ideologie und bieten Lösungen an, die auf einer in Klassen gespaltenen Gesellschaft und der Verschärfung des Mangels beruhen. Marxisten kämpfen für eine Gesellschaft, die den arbeitenden und verarmten Massen mehr bietet und den materiellen Mangel schließlich ganz beseitigt. Zu diesem Zweck bedarf es einer Reihe von Arbeiterrevolutionen auf der ganzen Welt, um die Bergwerke, Fabriken und anderen Produktionsmittel dem Zugriff ihrer privaten Eigentümer zu entreißen und den Weg für eine international geplante, kollektivierte Wirtschaft zu ebnen.

Bis dahin wird das profitgetriebene kapitalistische System – gekennzeichnet durch die Anarchie der Produktion und die wilde Jagd nach Märkten, durch die Aufteilung der Welt in Nationalstaaten und die damit einhergehenden interimperialistischen Rivalitäten – ein grundlegendes Hindernis für die Bewältigung des unbeabsichtigten menschlichen Beitrags zum Klimawandel bleiben. Der verfallende moderne Kapitalismus verschlimmert auch den potenziellen Schaden einer sich erwärmenden Erde für die Menschheit. Die elenden Bedingungen, die die Imperialisten den Ländern der Dritten Welt auferlegt haben, machen deren Bevölkerungen besonders anfällig für den Klimawandel, ganz zu schweigen von Krankheiten, Hungersnöten und anderen allgegenwärtigen Verwüstungen.13

Im Gegensatz zum revolutionären Marxismus ist für die Ökos das Wachstum der Bösewicht, und ihre Parole lautet: weniger. Die Vorschläge zur Einschränkung des Konsums und zur Drosselung der Produktion passen gut zu den kapitalistischen Kürzungsmaßnahmen. Die wichtigste politische Organisation der Umweltschützer, die Grüne Partei, verteidigt offen die Produktion für den privaten Profit,14 wobei sie lediglich die Kleinbetriebe bevorzugt. Der 13. reichste Mensch der Welt, der gewerkschaftsfeindliche [Bürgermeister von New York] Michael Bloomberg, ist ein ausgesprochener Umweltschützer, der nach dem Supersturm Sandy [2012] vorschlug, New York City solle bei der Bekämpfung des Klimawandels eine „Vorreiterrolle“ übernehmen. Selbst wenn die Stadtverwaltung Maßnahmen ergreift, um die Wall Street vor Sturmfluten wie der von Sandy zu schützen, wird es für die Bewohner von Sozialwohnungen die Hölle sein – und vielleicht auch Hochwasser. Und dann sind da noch die vielen großen Unternehmen wie DuPont, die nicht als Ausbund an Tugendhaftigkeit gelten dürften, die freiwillig die Emissionsziele des Kyoto-Protokolls von 1997 übernommen haben.

Die meisten SCNCC-Anhänger bekennen sich nicht offen zu dem Primitivismus, der den Kern der umweltbewegten Weltanschauung ausmacht, sondern konzentrieren sich lieber darauf, der Bourgeoisie politische Ratschläge zu erteilen. Gleichwohl gehen die ISO und ihre SCNCC-Partner von der falschen Gleichsetzung von Kapitalismus und Wirtschaftswachstum aus. Der vermeintliche Antikapitalismus dieser und anderer Ökosozialisten ist lediglich ein weiteres Mittel, um bei einer wachstumsfeindlichen Agenda anzukommen, wobei er einen blass-rötlichen Anstrich für rückwärtsgewandte grüne Narrative bietet.

Nehmen wir einen ihrer bekanntesten Vertreter, den Herausgeber der Monthly Review, John Bellamy Foster, der mehrere bei Monthly Review Press veröffentlichte Bücher geschrieben oder mitverfasst hat. Fosters Hauptwerk, Marx’s Ecology (2000), stellt den Marxismus als „zutiefst, ja systematisch, ökologisch“ dar. In einem Interview vom Februar 2010 äußerte sich Foster: „Wir brauchen eine neue Wirtschaftsstruktur, die sich auf genug und nicht auf mehr konzentriert. Eine allgemeine Verringerung des wirtschaftlichen Umfangs auf globaler Ebene, insbesondere in den reichen Ländern, könnte mit Fortschritten bei der nachhaltigen menschlichen Entwicklung einhergehen.“

Der Fortschritt in der menschlichen Entwicklung, d.h. die Beendigung von Elend und Not, wird nicht durch die Einschränkung der Produktion, sondern durch deren Steigerung auf ein nie dagewesenes Niveau erreicht werden. Indem sie die toten Klauen des privaten Profits und der Eigentumsrechte abstreift, würde die proletarische Machtergreifung dem Wirtschaftswachstum einen starken Impuls verleihen. In diesem Fall wird die Menschheit auch am besten in der Lage sein, ihre kollektiven Ressourcen bewusst zu bündeln, um sowohl bekannten als auch unvorhergesehenen Herausforderungen wie dem Klimawandel zu begegnen.

Unsere Vision der sozialistischen Zukunft stimmt mit der überein, die der große marxistische Revolutionär Leo Trotzki in einem Artikel mit dem Titel „Wenn Amerika kommunistisch würde“15 zum Ausdruck brachte. Trotzki beschrieb die Aussichten, die sich durch eine siegreiche sozialistische Revolution im fortgeschrittensten kapitalistischen Land der Welt eröffnen würden, folgendermaßen:

„Wenn Amerika infolge der Schwierigkeiten und Probleme, mit deren Lösung Ihre kapitalistische soziale Ordnung nicht fertig wird, kommunistisch werden sollte, so wird es entdecken, dass der Kommunismus, weit davon entfernt, eine unerträgliche bürokratische Tyrannei und Reglementierung des Individuums zu bedeuten, zu mehr individueller Freiheit und gemeinsamem Wohlstand führen wird. …“16

„Die nationale Industrie wird längs des Förderbands Ihrer modernen, ständig produzierenden, automatisierten Fabriken organisiert werden. Die wissenschaftliche Planung kann der einzelnen Fabrik entlehnt und auf Ihr ganzes Wirtschaftssystem ausgedehnt werden. Die Ergebnisse werden erstaunlich sein.“17

Es ist anzumerken, dass Trotzki dies lange vor der Aushöhlung der US-Industrie durch ihre kapitalistischen Eigentümer schrieb18 – eine Verfallserscheinung, die selbst auf die Notwendigkeit des Sturzes der kapitalistischen Ordnung durch die Arbeiterklasse hinweist.

Intellektuelle Unehrlichkeit und Opportunismus

Im Jahr 2002 veröffentlichte Foster Ecology Against Capitalism, eine Sammlung von Essays, die er zwischen 1993 und 2001 geschrieben hat. In Anlehnung an den Soziologen Allan Schnaiberg beschrieb Foster den Kapitalismus als „ein Hamsterrad der Produktion“, das immer größere Mengen an begrenzten natürlichen Ressourcen verbraucht und deren Abfallprodukte in die Umwelt entsorgt:

„Dieses Hamsterrad führt eindeutig in eine Richtung, die mit den grundlegenden ökologischen Zyklen des Planeten unvereinbar ist. Eine kontinuierliche durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der Industrieproduktion von 3 Prozent, wie sie von 1970 bis 1990 erreicht wurde, würde bedeuten, dass sich die Größe der Weltindustrie alle fünfundzwanzig Jahre verdoppeln würde… Es ist daher unwahrscheinlich, dass die Welt unter dem gegenwärtigen System noch viele weitere Verdoppelungen der industriellen Produktion verkraften könnte, ohne eine vollständige ökologische Katastrophe zu erleben. In der Tat überschreiten wir bereits bestimmte kritische ökologische Schwellenwerte.“

Ecology Against Capitalism spiegelt auf seine Weise den ideologischen Siegestaumel der Bourgeoisie nach der konterrevolutionären Zerstörung der Sowjetunion in den Jahren 1991/92 wider. Der Kommunismus wurde für „tot“ erklärt, und der Kapitalismus wurde als ein sich immer weiter ausbreitendes globales System gepriesen. Die Regierungspolitik in den großen kapitalistischen Ländern, insbesondere die Kontrolle der Geldmenge und der Zinssätze, sollte fortan ein dauerhaftes und stetiges Wirtschaftswachstum gewährleisten. Bürgerliche Ökonomen prägten den Begriff der „großen Mäßigung“,19 um die Bedingungen in Nordamerika und Westeuropa zu beschreiben: niedrige Inflation und relativ geringe und kurzlebige Konjunkturabschwünge.

Doch dann kam die Finanzkrise von 2007–08 und stürzte die kapitalistische Welt in den tiefsten und längsten Wirtschaftsabschwung seit der Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren. Die große Mäßigung wich der großen Rezession. Massenarbeitslosigkeit, drastische Kürzungen von Löhnen und Sozialleistungen und die Streichung staatlicher Sozialprogramme (fiskalische Austerität) waren an der Tagesordnung.

Folgerichtig hätte Foster den gegenwärtigen Abschwung begrüßen müssen, da er die Ausweitung der Produktion mit einer zunehmenden Umweltzerstörung gleichsetzt. Weniger produzierte und verkehrende Autos bedeuten weniger Luftverschmutzung. Mit weniger Einkommen sind Arbeiterfamilien gezwungen, „Energie zu sparen“, indem sie im Winter weniger heizen und im Sommer weniger die Klimaanlage laufen lassen. Foster behauptet jedoch nicht, dass die große Rezession gewisse ökologische Vorteile mit sich gebracht habe. Dies würde eine feindselige Reaktion der jungen, links orientierten Aktivisten hervorrufen, an die er sich wendet – z. B. derjenigen, die sich mit der Occupy-Bewegung identifizierten.

Also singt er nun ein anderes Lied darüber, was mit dem Kapitalismus nicht stimmt. Letztes Jahr20 veröffentlichte er das Buch The Endless Crisis: How Monopoly-Finance Capital Produces Stagnation and Upheaval from the U.S.A. to China.21 Es beginnt:

„Die Weltwirtschaft als Ganzes befindet sich in einer Phase der Verlangsamung. Die Wachstumsraten der Vereinigten Staaten, Europas und Japans, die im Zentrum des Systems stehen, sind seit Jahrzehnten rückläufig. Im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts verzeichneten diese Länder die langsamsten Wachstumsraten seit den 1930er Jahren; und die ersten Jahre des zweiten Jahrzehnts sehen nicht besser aus. Stagnation ist das Wort, das Ökonomen für dieses Phänomen verwenden.“

Das „Hamsterrad der Produktion“ ist verschwunden. Stattdessen erfahren wir, dass die Kernländer des Weltkapitalismus seit Jahrzehnten in wirtschaftlicher Stagnation verharren und von ständigen Krisen heimgesucht werden. Foster fährt fort: „In menschlicher Hinsicht bedeutet dies sinkende Reallöhne, massive Arbeitslosigkeit, einen öffentlichen Sektor, der mit extremen Haushaltskrisen konfrontiert ist, wachsende Ungleichheit und einen allgemeinen und manchmal drastischen Rückgang der Lebensqualität.“ Auffallend ist, dass die Umweltzerstörung in dieser Liste der Übel nicht vorkommt. Foster ist bekannt dafür, dass er in seinen Reden den Kapitalismus sowohl als konstanten Wachstumsmotor beschreibt, wenn es um die „Umweltkrise“ geht, als auch als Opfer der Stagnation, wenn es um die Haushaltskrise geht – und nie werden sich die beiden treffen.

Vom Maoismus der Neuen Linken zum grünen Radikalismus

Fosters Ansichten sind durch seine langjährige Verbindung zu Monthly Review geprägt. In den 1960ern und Anfang/Mitte der 70er Jahre war sie die wichtigste Zeitschrift, die den Maoismus (die chinesische Variante der stalinistischen Ideologie) in US-amerikanischen linksintellektuellen/akademischen Kreisen propagierte. Foster, heute Professor für Soziologie an der University of Oregon, besuchte in den frühen 1970er Jahren das Evergreen State College im Bundesstaat Washington, wo er erstmals unter den Einfluss der Monthly Review und ihrer führenden Vertreter Paul Sweezy und Harry Magdoff geriet.

Die von Monthly Review vertretene maoistisch-stalinistische Politik hat ihren Ursprung im ideologischen Ausdruck der Vorgänge Mitte der 1920er bis 1930er Jahre, die Trotzki als bürokratische Degeneration des sowjetischen Arbeiterstaates bezeichnete. Voller Furcht und Ablehnung gegenüber dem Kampf für die internationale proletarische Revolution, der die bolschewistische Partei beflügelt hatte, als sie die Oktoberrevolution von 1917 anführte, verkündete die herrschende bürokratische Kaste unter J. W. Stalin die Doktrin vom „Aufbau des Sozialismus in einem Lande“.22 Dieses Dogma stellte den Marxismus auf den Kopf. Der Sozialismus ist eine Gesellschaft des materiellen Überflusses, in der die Klassenunterschiede endgültig überwunden werden. Obwohl die UdSSR über reiche Naturschätze verfügte, konnte sie allein das materielle Niveau der fortgeschrittenen kapitalistischen Länder nicht übertreffen, die wirtschaftlichen und militärischen Druck ausübten, der schließlich zur Zerstörung des sowjetischen Arbeiterstaates führte.

China erlebte 1949 eine tiefgreifende soziale Revolution, die den Kapitalismus stürzte und das Land von imperialistischer Unterjochung befreite. Die anschließende Einführung einer kollektivierten Planwirtschaft brachte den Arbeitern, Bauern und den zutiefst unterdrückten Frauen große soziale Errungenschaften. Die Revolution, die aus einem Bauern-Guerillakrieg hervorging, wurde jedoch von Anfang an unter der Herrschaft von Mao Zedongs Kommunistischer Partei Chinas (KPCh) deformiert, einer materiell privilegierten bürokratischen Kaste, die auf dem Arbeiterstaat thront.

Das Mao-Regime orientierte sich politisch, wirtschaftlich und ideologisch an Stalins Russland, obwohl China zu dieser Zeit weitaus rückständiger war als die Sowjetunion. Maos Version des „Aufbaus des Sozialismus“ – vor allem während der so genannten „Kulturrevolution“, die Mitte der 1960er Jahre begann – verherrlichte die spartanischen Tugenden der Selbstverleugnung und Selbstaufopferung. Die heutigen KPCh-Bürokraten sind zwar – gelinde gesagt – nicht dafür bekannt, dass sie sich zu solchen Glaubenssätzen bekennen, aber sie teilen Maos Ablehnung des marxistischen Programms der proletarischen Weltrevolution.23 Eine Infragestellung der kapitalistischen Ordnung würde dem chinesischen Proletariat einen Anstoß geben, die stalinistische Kaste wegzufegen, die es politisch unterdrückt und die Imperialisten besänftigt hat.

Um die Anziehungskraft des von Monthly Review propagierten Maoismus auf kritisch denkende junge US-amerikanische Intellektuelle wie Foster zu verstehen, muss man sich mit den Ansichten und der Entwicklung der selbsternannten Neuen Linken befassen. In den späten 1950er und frühen 60er Jahren wurde eine Generation junger liberaler Idealisten, vor allem College-Studenten, durch den Massenkampf der Schwarzen gegen rassistische Unterdrückung im eigenen Land sowie durch die kubanische Revolution und den eskalierenden Krieg in Vietnam auf internationaler Ebene nach links getrieben. Viele dieser Radikalen sahen in Maos KPCh eine Alternative zu dem schwerfälligen Konservatismus der stalinistischen Bürokratie in Moskau.

In dieser Zeit unterstützte die große Mehrheit der US-amerikanischen Arbeiterklasse, vor allem ihr überwiegender weißer Anteil, den US-Militarismus im Ausland, der im Namen der Bekämpfung des Weltkommunismus betrieben wurde. Auf ihre Weise akzeptierten die Radikalen der Neuen Linken die offizielle antikommunistische Ideologie, kehrten sie jedoch um. Die politischen Führer und ideologischen Wortführer des US-Imperialismus behaupteten, der Kapitalismus sei dem Kommunismus in Sowjetrussland, ganz zu schweigen von „Rotchina“, überlegen, weil er der US-amerikanischen Bevölkerung, einschließlich der Industriearbeiter, einen viel höheren Lebensstandard biete. Radikale der Neuen Linken stimmten der Logik dieses Arguments zu, kehrten aber die Schlussfolgerung um. Die Tatsache, dass sich Arbeiterfamilien ein neues Auto, eine Waschmaschine und ein oder zwei Fernsehgeräte leisten konnten, wurde als materielle Grundlage für ihre Unterstützung der imperialistischen Raubzüge der USA in der Dritten Welt angesehen.

Der Kreis um die Monthly Review versuchte, eine „marxistisch-leninistische“ Begründung für diese verbreiteten Vorurteile der Neuen Linken zu liefern: Verachtung für die Arbeiterklasse in den fortgeschrittenen kapitalistischen Ländern in Verbindung mit Begeisterung für den „Sozialismus“ in der Dritten Welt. Sweezy argumentierte, dass die Arbeiterklasse in Nordamerika, Westeuropa und Japan insgesamt eine Arbeiteraristokratie im Vergleich zu den verarmten Werktätigen in Asien, Afrika und Lateinamerika darstelle. In der Monthly Review24 schrieb er, der bolschewistische Führer W. I. Lenin habe „auch argumentiert, dass die Kapitalisten der imperialistischen Länder einen Teil ihrer ‚Beute‘ dazu verwenden können und dies auch tun, um eine Arbeiteraristokratie zu bestechen und auf ihre Seite zu ziehen. Was die Logik dieses Arguments betrifft, so könnte es auf die Mehrheit oder sogar die Gesamtheit der Arbeiter in den Industrieländern ausgedehnt werden.“

Bei der Beschreibung der Arbeiteraristokratie stellte Lenin ausdrücklich klar, dass er nicht die gesamte Arbeiterklasse in den imperialistischen Zentren über einen Kamm scheren wollte. Mit Blick auf Englands Industriemonopol und reiche Kolonien in der Mitte des 19. Jahrhunderts bemerkte Lenin in „Der Imperialismus und die Spaltung des Sozialismus“25 (1916): „Damals war es möglich, die Arbeiterklasse eines Landes zu bestechen, für Jahrzehnte zu korrumpieren. Heute ist das unwahrscheinlich und eigentlich kaum möglich, dafür aber kann jede imperialistische ‚Groß‘macht kleinere (als in England 1848–1868) Schichten der ‚Arbeiteraristokratie‘ bestechen und besticht sie auch“.26 Eine privilegierte soziale Stellung einnehmen kann diese gut bezahlte Schicht nur im Verhältnis zu den arbeitenden Massen der Gesellschaft, zu der sie selbst gehört.

Während Sweezy die Arbeiterklasse in den fortgeschrittenen kapitalistischen Ländern verunglimpfte, verherrlichte er Maos China für den angeblichen Aufbau einer egalitären sozialistischen Gesellschaft in einem der ärmsten Länder der Welt. Tatsächlich betrachtete er Chinas Armut als sozialistische Tugend, während er Mao die Überwindung und Beseitigung dessen zuschrieb, was er als Überbleibsel bürgerlicher Ideologie ansah, die in der klassischen marxistischen Lehre enthalten seien: „Nur in China, wo von allen Ländern der Welt die Bedingungen für eine Revolution am günstigsten waren, konnte der Marxismus endlich von seinem (im Wesentlichen bürgerlichen) ökonomistischen Makel befreit werden.“27 Mit dem „ökonomistischen Makel“ meinte Sweezy die Identifizierung des Sozialismus mit einer qualitativen Anhebung des materiellen und kulturellen Niveaus der Gesellschaft.

Damals polemisierten wir gegen jene Intellektuellen wie Sweezy und Charles Bettelheim, die die antimarxistischen Vorstellungen von primitiver Gleichmacherei und „sozialistischer“ Askese wiederbelebt hatten:

„Mehr noch als der Moskauer Stalinismus ist die maoistische Ideologie daher ein nachhaltiger Angriff auf die grundlegende marxistische Prämisse, dass der Sozialismus materiellen Überfluss durch ein Niveau der Arbeitsproduktivität erfordert, das weit über dem des fortgeschrittensten Kapitalismus liegt…

Der Primitivismus und der extreme Voluntarismus des Maoismus – insbesondere in der Zeit der ‚Kulturrevolution‘ – übten auf kleinbürgerliche Radikale im Westen eine große Anziehungskraft aus. Es war das Versprechen eines Endes der entfremdeten Arbeit hier und jetzt, ohne die ganze historische Periode, die zur Anhebung des technologischen und kulturellen Niveaus der Menschheit erforderlich ist, das viele Anhänger von [dem Theoretiker der Neuen Linken Herbert] Marcuse in den späten 1960er Jahren dazu brachte, ihre Loyalität dem maoistischen China zu schenken.“28

Der Maoismus verlor jedoch seinen Glanz, insbesondere nach der offiziellen Annäherung zwischen den USA und China, die durch Richard Nixons Besuch in Peking 1972 signalisiert wurde, als US-amerikanische Bomben auf Indochina niederregneten. In den späten 1970er Jahren war er für junge US-amerikanische Studenten mit linken Sympathien nicht mehr attraktiv. So schloss sich der Kreis um die Monthly Review der aufkeimenden grün-radikalen Bewegung an, die ebenfalls aus der Neuen Linken hervorging. So kam es zu John Bellamy Foster, der heute die führende Figur der Zeitschrift ist.

Bolivien und der Schwindel der „ökologischen Revolution“

So wie seine Lehrmeister die Einführung sozialistischer Verhältnisse in China durch eine „Kulturrevolution“ behaupten konnten, tut Foster heute dasselbe an Orten, die sich angeblich inmitten einer „ökologischen Revolution“ befinden. In beiden Fällen gelten die angeblichen Werte des herrschenden Regimes als ausreichender Beweis für die sozialistischen Errungenschaften. Und das, obwohl in China der Kapitalismus mit der Revolution von 1949 überwunden wurde, während die Länder, die Foster heute bejubelt, unverkennbar kapitalistisch sind.

In dem Buch The Ecological Rift: Capitalism’s War on the Earth (2011) verkünden Foster und seine Mitautoren: „Eine ökologische Revolution, die in erster Linie vom globalen Süden ausgeht, ist in unserer Zeit im Entstehen begriffen und bietet neuen Grund zur Hoffnung.“ Im Einklang mit der Tradition der Monthly Review lehnen sie die einzigartige Fähigkeit der Arbeiterklasse sowohl in den fortgeschrittenen Ländern als auch in der neokolonialen Welt ab, die kapitalistische Ordnung zu stürzen und die Produktionsmittel zu kollektivieren – ein Potenzial, das auf der Rolle des Proletariats beruht, die Räder der Industrie in Gang zu bringen. Stattdessen postulieren Foster & Co. ein „Umweltproletariat“, bestehend aus „den Massen der Dritten Welt, die am unmittelbarsten von den drohenden Katastrophen betroffen sind“, insbesondere dem Anstieg des Meeresspiegels, als „wichtigster historischer Akteur und Initiator einer neuen Epoche der ökologischen Revolution“.

Ausgangspunkt dieser vermeintlichen Revolution ist Bolivien unter Evo Morales, den Foster in einem Interview 2010 als „wahrscheinlich die stärkste einzelne Stimme für eine ökologische Perspektive in der heutigen Welt“ lobte. Umweltschützer loben Morales dafür, dass er im April 2010 die „World People’s Conference on Climate Change and the Rights of Mother Earth“29 als Gegengipfel zu den offiziellen Klimaverhandlungen der Vereinten Nationen veranstaltet hat. Foster findet auch Beweise für sein Umweltproletariat in „den Wasser-, Kohlenwasserstoff- und Koka-Kriegen“, die „dazu beigetragen haben“, in Bolivien „eine sozialistische und indigene politische Bewegung an die Macht zu bringen“.

Trotz ihres Namens macht die von Morales geführte Movimiento al Socialismo (MAS, Bewegung für den Sozialismus) keinen Hehl daraus, dass sie den „Andenkapitalismus“ verwaltet.30 Die sozialen Unruhen, die Morales als Chef des bürgerlichen Staates ins Amt brachten, waren mit einer Reihe verzweifelter Kämpfe der verarmten Massen Boliviens gegen die imperialistische Ausbeutung verbunden. Der „Wasserkrieg“ im Jahr 2000 zum Beispiel bestand aus großen Volksprotesten, die in Cochabamba ausbrachen, nachdem der Bechtel-Konzern die Kontrolle über das Wassersystem der Stadt übernommen und die Tarife um mehr als 200 Prozent erhöht hatte.

In weiten Teilen Lateinamerikas führte die Empörung der Bevölkerung über die unverhohlen pro-imperialistischen „neoliberalen“ Regierungen zur Wahl einer Schicht von bürgerlichen Populisten, darunter Morales und der verstorbene Hugo Chávez in Venezuela. Dieser Wandel hat nichts mit Sozialismus zu tun. Indem sie sich als Verteidiger der unterdrückten und ausgebeuteten Massen ausgaben, versuchten Morales, Chávez und andere, die Unzufriedenheit innerhalb eines kapitalistischen Rahmens zu vereinnahmen und einzudämmen, was zwangsläufig eine Unterordnung unter das imperialistische Weltsystem bedeutet. Um die Ketten der imperialistischen Unterdrückung zu zerschlagen, bedarf es einer proletarischen Revolution, angeführt von einer Avantgardepartei, die den bürgerlichen Staat zerschlägt. Eine solche Revolution muss die Perspektive haben, sich auch in anderen Teilen Lateinamerikas und vor allem in den Vereinigten Staaten und anderen fortgeschrittenen kapitalistischen Ländern auszubreiten.

Das Morales-Regime zeigte im Mai diesen Jahres sein wahres Gesicht, als es gewaltsam gegen einen landesweiten Streik vorging, zu dem der größte Gewerkschaftsverband des Landes aufgerufen hatte, und es war bei weitem nicht das erste Mal, dass es Kämpfe von Arbeitern und Bauern unterdrückte. Der Streik hatte Minenarbeiter, Lehrer und Beschäftigte des Gesundheitswesens im Kampf um bessere Renten zusammengeführt. Die Polizei griff wiederholt streikende Arbeiter an, setzte Tränengas ein und schlug auf sie ein, wobei Hunderte verhaftet wurden. Die Waffen wurden auch gegen die indigene Bevölkerung gerichtet. Im September 2011 schlug die Regierung einen Protest gegen den Bau einer neuen Schnellstraße durch indigenes Land blutig nieder. Bei dem brutalen Übergriff der paramilitärischen Polizei kam Berichten zufolge ein drei Monate altes Baby ums Leben.

Das antiproletarische Wesen des Ökosozialismus wird in Fosters Ehrerbietung für Morales und zuvor für Chávez deutlich, die auch zeigt, wie hohl seine „ökologische Revolution“ ist, selbst nach ihren eigenen Kriterien. Die Volkswirtschaften Boliviens und Venezuelas sind stark von Erdgas bzw. Erdöl abhängig. Beide Regime haben ihre Kohlenwasserstoffindustrie teilweise verstaatlicht. Aber es ist nicht so, dass die Produktion zurückgegangen wäre. In dem Bestreben, die Erdgasproduktion bis 2015 zu verdoppeln, sucht das staatliche Unternehmen Yacimientos Petrolíferos Fiscales Bolivianos sowohl nach neuen ausländischen Partnern als auch nach neuen Gebieten für die Erschließung und Förderung. Die bolivianische Regierung plant auch, fossile Brennstoffressourcen in Nationalparks und Naturschutzgebieten zu erschließen.

Marxisten verteidigen solche Verstaatlichungen als ein Mittel, mit dem Länder unter imperialistischer Vorherrschaft ein gewisses Maß an wirtschaftlicher Unabhängigkeit erreichen können. Aber diese Verstaatlichungen läuten keine neue sozialistische Ära ein. Die Erdöl- und Erdgasindustrien von Bolivien und Venezuela sind Teil der nationalen kapitalistischen Wirtschaft, die dem Weltmarkt untergeordnet ist. Letztlich kommt die Verstaatlichung der Kohlenwasserstoffindustrie nicht nur auf wirtschaftlicher, sondern vor allem auf politischer Ebene den nationalen Bourgeoisien zugute, indem die Massen ideologisch an ihre eigenen Ausbeuter gebunden werden.

Konsumieren mit (weniger) Biss

Es gibt ein anderes wichtiges Element der Kontinuität zwischen der Version des Maoismus, die von Monthly Review in den 1960er–70er Jahren vertreten wurde, und ihrem Öko-Radikalismus der letzten Jahrzehnte: Die Verurteilung des US-amerikanischen Kapitalismus wegen der Schaffung einer Gesellschaft des übermäßigen Konsums. Für Sweezy/Magdoff wurde die große Auswahl an Waren, die den meisten Arbeitern in den USA zur Verfügung stand, mit der Verarmung der Menschen in der Dritten Welt erkauft. Für Foster zerstört das bestehende Konsumniveau der US-amerikanischen Bevölkerung die ökologische Basis für das künfige Überleben der Menschen und anderer höherer Formen des tierischen Lebens.

Die Vorstellung, dass ein großer Teil des Lebensstandards der Arbeiter in den USA und anderen hochentwickelten kapitalistischen Ländern aus künstlich geschaffenen Bedürfnissen bestehe, die nur dem Profitstreben der Unternehmen dienen, ist ein immer wiederkehrender Bestandteil der linksliberalen Ideologie seit den späten 1950ern. Dieser Standpunkt wurde in dem Buch Affluent Society31 (1958) von John Kenneth Galbraith dargelegt, dem zu dieser Zeit bekanntesten und meistgelesenen liberalen Ökonomen in den USA.32 (Anschließend wurde er Berater der demokratischen Kennedy/Johnson-Regierung.) Einen marxistischen Anstrich erhielt die Gleichsetzung von US-amerikanischem Kapitalismus mit Konsumismus ein paar Jahre später durch das Buch Monopoly Capital33 (1966) von Sweezy und Paul Baran, das Foster stark beeinflusst hat. In Ecology Against Capitalism behauptet Foster, dass „Bedürfnisse auf eine Art und Weise geschaffen werden, die einen unstillbaren Hunger nach mehr hervorruft“.

Gleichzeitig kritisiert Foster die grünen Mainstream-Intellektuellen und -Aktivisten, die an den Einzelnen appellieren, seinen persönlichen Konsum einzuschränken, d. h. seinen „ökologischen Fußabdruck“ zu reduzieren. Als polemischen Aufhänger zitiert er Alan Durning vom Worldwatch Institute, der behauptet: „Wir Konsumenten haben eine ethische Verpflichtung, unseren Konsum einzuschränken, denn er gefährdet die Chancen zukünftiger Generationen. Wenn wir auf der Konsumleiter nicht ein paar Stufen nach unten klettern, werden unsere Enkelkinder ein durch unseren Wohlstand verarmtes Zuhause auf dem Planeten erben.“ Forster erwidert:

„Dies mag wie gesunder Menschenverstand erscheinen, aber es ignoriert die höhere Unmoral einer Gesellschaft wie den Vereinigten Staaten, in der die herrschenden Institutionen die Öffentlichkeit als bloße Konsumenten behandeln, die mit allen Techniken des modernen Marketings gezielt bearbeitet werden. Ein durchschnittlicher Erwachsener in den Vereinigten Staaten schaut 21000 Fernseh-Werbespots im Jahr, die zu etwa 75% von den 100 größten Konzernen bezahlt werden.“

Sowohl Durning als auch Foster sind der Meinung, dass das Konsumniveau der meisten Amerikaner gedrosselt werden sollte, nur bei den Mitteln zum Erreichen dieses Ziels unterscheiden sie sich. Foster befürchtet, dass Appelle zum Verzicht allein im Namen einer ökologischen Moral auf taube Ohren stoßen würden. Seine Antwort sind staatliche Maßnahmen zur Reorganisation der Wirtschaft. Jemand müsste dann Entscheidungen über die wirklichen Bedürfnisse der arbeitenden Menschen treffen anstatt über ihre vermeintlich unnötigen Wünsche. Diese Aufgabe fällt zweifelsohne Foster und anderen gleichgesinnten Hütern der grünen Tugend zu.

Diese Fokussierung auf opulenten Konsumwahn ist vor allen Dingen eine kleinbürgerliche Kapitalismuskritik. Für Kinder der Vorstadt, die auf der Suche nach einem Sinn ihren individuellen Lebensstil ändern, könnte das Problem sein, zu viel zu haben. Aber „mit weniger mehr erreichen“ ist keine Option für die große Masse der Bevölkerung, die jeden Monat darum kämpft, die Rechnungen zu bezahlen und über die Runden zu kommen.

Rousseauscher Moralismus kontra marxistischer Materialismus

Der Ursprung der Verurteilung der Konsumkultur liegt nicht in den Vereinigten Staaten nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Grundgedanke, dass das Streben der meisten Menschen nach höherem Konsum durch künstlich erzeugte Bedürfnisse angetrieben werde, die durch eine auf Privateigentum basierende Wettbewerbsgesellschaft bedingt seien, wurde von Jean-Jacques Rousseau in der Mitte des 18. Jahrhunderts formuliert. Rousseau, der wichtigste intellektuelle Einfluss der europäischen radikalen Linken vor Karl Marx, war der intellektuelle Urvater aller späteren Formen der Gleichmacherei nach unten. Rousseau charakterisierte die Welt nach dem Aufkommen des Privateigentums und schrieb in seiner Abhandlung über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen34 (1755):

„…der Mensch, der zuvor frei und unabhängig war, [ist] nun durch eine Vielheit neuer Bedürfnisse sozusagen der gesamten Natur untertan, und besonders seinen Mitmenschen…“35

„…der verzehrende Ehrgeiz, der Eifer, sein Vermögen im Vergleich zu anderen zu mehren – weniger aus einem wirklichen Bedürfnis, als um sich über die anderen zu stellen –, [gibt] allen Menschen eine finstere Neigung ein, sich gegenseitig zu schaden… mit einem Wort: Konkurrenz und Rivalität auf der einen Seite, Gegensatz der Interessen auf der anderen und immerzu die versteckte Begierde, seinen Gewinn auf Kosten anderer zu realisieren. Alle diese Übel sind die erste Wirkung des Eigentums und das unabtrennbare Gefolge der entstehenden Ungleichheit.“36

Marx wandte sich gegen den nivellierenden Egalitarismus, der in den sozialistischen und kommunistischen Strömungen des frühen 19. Jahrhunderts vorherrschte. Es ist nicht das Ziel des Kommunismus, die Bedürfnisse der Menschen auf ein vorgegebenes Minimum zu reduzieren. Vielmehr geht es darum, diese Bedürfnisse zu verwirklichen und zu erweitern. In einer vollständig kommunistischen Gesellschaft werden alle Zugang zu der großen Vielfalt an materiellem und kulturellem Reichtum haben, der im Laufe der Zivilisation angesammelt wurde. Man stelle sich vor, was etwa für die Erforschung der Teilchenphysik oder für die Untersuchung der archäologischen Überreste alter Zivilisationen notwendig ist. Wir Marxisten streben eine künftige Gesellschaft an, in der alle die schöpferische wissenschaftliche und kulturelle Arbeit ausüben können, die bisher einigen wenigen Privilegierten vorbehalten war.

Für Rousseau war die Entstehung des Privateigentums das soziale Äquivalent des christlichen Konzepts der Erbsünde, der Moment, in dem alle möglichen Übel in die natürliche Harmonie der Menschheit eintraten und sie störten:

„Der erste, der ein Stück Land eingezäunt hatte und auf den Gedanken kam zu sagen ‚Dies ist mein‘ und der Leute fand, die einfältig genug waren, ihm zu glauben, war der wahre Begründer der zivilen Gesellschaft. Wie viele Verbrechen, Kriege, Morde, wie viele Leiden und Schrecken hätte nicht derjenige dem Menschengeschlecht erspart, der die Pfähle herausgerissen oder den Graben zugeschüttet und seinen Mitmenschen zugerufen hätte: ‚Hütet euch davor, auf diesen Betrüger zu hören. Ihr seid verloren, wenn ihr vergeßt, daß die Früchte allen gehören und daß die Erde niemandem gehört!‘“37

Im Gegensatz zu Rousseaus moralischem Idealismus ging Marx mit einem dialektisch-materialistischen Verständnis an die Geschichte der menschlichen Gattung heran. Um eine kommunistische Gesellschaft zu erreichen, muss die Menschheit eine lange Epoche von Klassengesellschaften durchlaufen, in denen die Mehrheit von einer kleinen Minderheit von Besitzenden ausgebeutet und unterdrückt wird. Marx schrieb, dass

„diese Entwicklung der Fähigkeiten der Gattung Mensch, obgleich sie sich zunächst auf Kosten der Mehrzahl der Menschenindividuen und ganzer Menschenklassen macht, schließlich diesen Antagonismus durchbricht und zusammenfällt mit der Entwicklung des einzelnen Individuums, daß also die höhere Entwicklung der Individualität nur durch einen historischen Prozeß erkauft wird, worin die Individuen geopfert werden…“38

Foster macht in Marx’s Ecology eine große Sache daraus, den dialektischen Materialismus hochzuhalten. Seine tatsächliche Sichtweise ist jedoch im Wesentlichen rousseausch, nicht marxistisch. So beschreibt er in seinem früheren Werk Ecology Against Capitalism die kapitalistische Führungselite als Vertreter einer höheren Unmoral und verurteilt den Kapitalismus als Ursache für die Pervertierung der Menschheit und die Zerstörung der Natur:

„Indem der Kapitalismus das Verhältnis des Menschen zur Natur auf rein besitzorientierte Begriffe reduziert, stellt er (trotz allen technischen Fortschritts) nicht so sehr eine Weiterentwicklung der menschlichen Bedürfnisse und Kräfte in Bezug auf die Natur dar, sondern die Entfremdung der Natur von der Gesellschaft, um ein einseitiges, egoistisches Verhältnis zur Welt zu entwickeln.“

Der linke Flügel des grünen Spektrums – in seiner Grundhaltung neo-rousseausch – ist besonders empört über die Aussage im Manifest der Kommunistischen Partei von Marx und Friedrich Engels aus dem Jahr 1848, das den historisch fortschrittlichen Charakter des Kapitalismus im Vergleich zu früheren Produktionsweisen anerkennt: „Die Bourgeoisie hat in ihrer kaum hundertjährigen Klassenherrschaft massenhaftere und kolossalere Produktionskräfte geschaffen als alle vergangenen Generationen zusammen.“39 In Marx’s Ecology entschuldigt sich Foster halbherzig für diese Aussage und fügt dann hinzu: „Dies lässt die gesamte Frage der Nachhaltigkeit offen, die sie in der Lobrede auf die Bourgeoisie im ersten Teil des Manifest nicht angesprochen haben.“

Mit dem Aufkommen des Industriekapitalismus gab es zum ersten Mal eine materielle Grundlage für die Vorstellung eines Endes von Armut und Klassenspaltung überhaupt. Doch das Privateigentum an den Produktionsmitteln wirkte zunehmend als Bremse für die weitere Entwicklung der Produktivkräfte. Das Aufkommen des modernen Imperialismus am Ende des 19. Jahrhunderts markierte den Beginn einer Epoche des globalen kapitalistischen Verfalls. Das nationalstaatliche System, das den Aufstieg einer modernen Kapitalistenklasse ermöglicht hatte, erwies sich als zu eng für das Streben nach Profit. Nachdem die imperialistischen Mächte die Welt durch blutige Eroberungen aufgeteilt hatten, begannen sie eine Reihe von Kriegen, um sie neu aufzuteilen, wobei sie versuchten, ihre kolonialen Besitztümer und Einflusssphären auf Kosten ihrer Rivalen zu erweitern. Das Ziel der proletarischen Revolution ist es, den Widerspruch aufzulösen, der im Wesen des Kapitalismus liegt, indem die Produktionsmittel kollektiviert werden, sodass der Reichtum der Gesellschaft allen zur Verfügung steht und alle Produktivkräfte freigesetzt werden.

Foster entstellt Marx: „Kasernenkommunismus“ statt Überfluss für alle40

In Marx’s Ecology behauptet John Bellamy Foster, dass grüne Ideologen Karl Marx fälschlicherweise Positionen zuschreiben, die er in Wirklichkeit nicht vertreten habe, einschließlich der Behauptung, dass Marx „eine extrem optimistische, überschwängliche Sicht der Bedingungen hatte, die aufgrund der Entwicklung der Produktivkräfte im Kapitalismus in der nachkapitalistischen Gesellschaft herrschen würden“. Foster führt weiter aus: „Dieser Interpretation zufolge verließ sich Marx in seiner Vision einer zukünftigen Gesellschaft so sehr auf die Annahme des Überflusses, dass ökologische Überlegungen wie die Knappheit der natürlichen Ressourcen und die äußeren Grenzen der Produktion in den Hintergrund traten.“

Da er sich darauf konzentriert, Marx in einen Proto-Umweltschützer zu verwandeln, geht Foster bei der Beurteilung dessen, was diese Kritiker falsch verstanden haben, völlig am Ziel vorbei. Marx behauptete zwar, dass eine künftige kommunistische Gesellschaft auf der Beseitigung wirtschaftlichen Mangels beruhen würde. Aber er war keineswegs der Meinung, dass die im Kapitalismus entwickelten Produktivkräfte dafür ausreichen würden. Ganz im Gegenteil!

Der Übergang zum Kommunismus erfordert eine vergesellschaftete Planwirtschaft, um die Entwicklung und Anwendung neuer Technologien zu erleichtern und so die Arbeitsproduktivität weit über das vom Kapitalismus geerbte Niveau hinaus anzuheben. Es liegt einfach außerhalb von Fosters Rahmen, dass eine zukünftige sozialistische Gesellschaft die fortschrittlichste Technologie nutzen würde, um die Umweltzerstörung zu beheben. Aber das ist noch nicht alles; fälschlicherweise schreibt er Marx einen ähnlichen Pessimismus zu, der, wie er schreibt, „eine tiefe Besorgnis für Fragen der ökologischen Grenzen und der Nachhaltigkeit zeigt“.

In polemischen Schriften ist das, was weggelassen wird, oft genauso wichtig wie das, was explizit besprochen wird, wenn nicht sogar noch wichtiger. Die bei weitem bekannteste Darstellung des Übergangs vom Umsturz des Kapitalismus zu einer vollständig kommunistischen Gesellschaft in Marx’ Schriften findet sich in der Kritik des Gothaer Programms von 1875. Doch trotz zweier beiläufiger Verweise auf dieses Werk werden die entsprechenden Passagen in den über 250 Seiten von Marx’s Ecology nicht berücksichtigt.

In der Kritik erklärte Marx, dass in der Anfangsphase einer sozialistischen Gesellschaft „bürgerliches Recht“41 noch fortbestehen würde. Mit anderen Worten, die den Einzelnen zugeteilten Konsumtionsmittel würden proportional zur Quantität und Qualität ihrer Arbeit sein:

Es erhält „der einzelne Produzent – nach den Abzügen – exakt zurück, was er ihr [der Gesellschaft] gibt… Er erhält von der Gesellschaft einen Schein, daß er soundso viel Arbeit geliefert (nach Abzug seiner Arbeit für die gemeinschaftlichen Fonds), und zieht mit diesem Schein aus dem gesellschaftlichen Vorrat von Konsumtionsmitteln soviel heraus, als gleich viel Arbeit kostet. Dasselbe Quantum Arbeit, das er der Gesellschaft in einer Form gegeben hat, erhält er in der andern zurück.“42

Marx beschreibt dann die Bedingungen, die es der Gesellschaft ermöglichen, das Prinzip „Jedem gemäß seiner Arbeit“ zu überwinden:

„In einer höheren Phase der kommunistischen Gesellschaft, nachdem die knechtende Unterordnung der Individuen unter die Teilung der Arbeit, damit auch der Gegensatz geistiger und körperlicher Arbeit verschwunden ist; nachdem die Arbeit nicht nur Mittel zum Leben, sondern selbst das erste Lebensbedürfnis geworden; nachdem mit der allseitigen Entwicklung der Individuen auch ihre Produktivkräfte gewachsen und alle Springquellen des genossenschaftlichen Reichtums voller fließen – erst dann kann der enge bürgerliche Rechtshorizont ganz überschritten werden und die Gesellschaft auf ihre Fahne schreiben: Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!“43

In diesem Werk zeigt Marx auch auf, wie die Produktivität der Arbeit in der Übergangszeit gesteigert werden soll. Er kritisiert das Lassalle’sche Programm, das davon ausgeht, dass das gesamte Sozialprodukt für den Konsum der unmittelbaren Produzenten zur Verfügung stehen wird. Stattdessen muss ein Teil davon für andere Zwecke abgezogen werden, nicht zuletzt für die „Ausdehnung der Produktion“,44 d.h. für den Bau und die Nutzung zusätzlicher Produktionsmittel, die die fortschrittlichste (arbeitssparende) Technologie verkörpern.

Wie kann Foster die marxistische Vision einer kommunistischen Gesellschaft, in der die materiellen Ressourcen allen frei zur Verfügung stehen, mit seiner eigenen Behauptung in Einklang bringen, dass das derzeitige Produktions- und Konsumniveau die ökologischen Grundlagen des menschlichen Lebens rasch zerstört? Er kann dies nur tun, indem er eine ökosozialistische Gesellschaft entwirft, in der „jedem nach seinen Bedürfnissen“ wesentlich weniger ist als „jedem nach seiner Arbeit“ in den heutigen fortgeschrittenen kapitalistischen Ländern! Dieses Programm wurde von Foster bei einer Versammlung von Occupy-Demonstranten in New York City im Jahr 2011 dargelegt. Wie in Monthly Review online45 berichtet, forderte er sein Publikum auf:

„Kehrt ab von einem System, das auf Profit, Produktion und Akkumulation, d.h. auf Wirtschaftswachstum, ausgerichtet ist, und wendet euch einer nachhaltigen stationären Wirtschaft zu. Dies würde bedeuten, unnötigen und verschwenderischen Konsum zu reduzieren oder abzuschaffen und die Gesellschaft neu zu ordnen – weg von der Warenproduktion und dem Konsum als ihrem Hauptziel, hin zu einer nachhaltigen menschlichen Entwicklung. Dies könnte nur in Verbindung mit einem Schritt in Richtung tatsächlicher Gleichheit geschehen.“

Was Foster vorschwebt, ist eine reaktionäre Utopie – die Gleichheit der Armut im Weltmaßstab. Eine „stationäre“46 oder „statische“47 Wirtschaft würde Hunderte von Millionen Menschen in den Ländern der Dritten Welt zu fortgesetzter Verelendung verdammen. Diese Zukunftsvision gleicht einer rechten Karikatur des Kommunismus – das, was früher als „Kasernenkommunismus“48 verspottet wurde, vergleichbar mit dem Zustand einheitlicher Gleichheit, der den Wehrpflichtigen in einer Armee auferlegt wird.

Dennoch mögen einige linke Aktivisten mit Sympathie auf Fosters Argument reagieren, dass die arbeitenden Menschen in den USA und anderen „reichen“ kapitalistischen Ländern einen niedrigeren Lebensstandard akzeptieren müssen, um eine angeblich drohende ökologische Katastrophe abzuwenden. Jedoch sind sie vehement gegen die rechten Ideologen der Tea Party, die behaupten, dass die US-amerikanische Bevölkerung ihre Konsumausgaben, insbesondere für Sozialprogramme, reduzieren muss, um eine angeblich drohende Haushaltskatastrophe abzuwenden. Dass Foster den Kapitalismus anprangert, während die Tea-Party-Typen das System des „freien Marktes“ preisen, macht sein Programm nicht weniger reaktionär, sondern nur noch verführerischer.

Der Kapitalismus ist kein „Hamsterrad der Produktion“

Das grundlegende Argument in Fosters Ecology Against Capitalism lässt sich kurz zusammenfassen. Kapitalisten versuchen, ihren Profit zu maximieren. Deshalb produzieren sie immer mehr Waren, die einen Mehrwert verkörpern, der durch die Ausbeutung von Arbeitskraft erzielt wird. Die Ausweitung der Produktion wiederum führt zu einer immer stärkeren Zerstörung der Umwelt. Foster schreibt:

„Die kapitalistischen Volkswirtschaften sind in erster Linie auf das Wachstum der Profite und damit auf Wirtschaftswachstum um praktisch jeden Preis ausgerichtet – einschließlich der Ausbeutung und des Elends der großen Mehrheit der Weltbevölkerung. Dieses Streben nach Wachstum bedeutet in der Regel eine rasche Aufnahme von Energie und Rohstoffen und die Ablagerung von immer mehr Abfällen in der Umwelt, was zu einer zunehmenden Umweltzerstörung führt.“

Wie kommt es dann, dass es in der Geschichte des Kapitalismus immer wieder Perioden gab, in denen die Produktion und die Beschäftigung von Arbeitskräften zurückgingen und folglich auch der Umfang der Profite sank? Zwischen 2005 und 2009 gingen beispielsweise die Bruttoprofite (vor Steuern) der US-amerikanischen Unternehmen um 10 Prozent zurück, von 1,610 auf 1,456 Billionen Dollar. Die Profite im verarbeitenden Gewerbe fielen besonders stark, nämlich von 247 auf 125 Milliarden Dollar.

Die Antwort ist, dass die Kapitalisten nicht versuchen, den Umfang der Profite zu maximieren, sondern vielmehr die Profitrate oder die Kapitalrendite. In der marxistischen Terminologie ist diese Rate das Verhältnis des Mehrwerts zum Wert der Produktionsmittel (Anlagen und Ausrüstungen), die notwendig sind, um die Arbeit auf dem vorherrschenden Produktivitätsniveau in Gang zu setzen. Die Profitrate ist der wichtigste Regulator der kapitalistischen Produktion sowohl in der Expansions- als auch in der Schrumpfungsphase.

Während einer Expansionsphase sinkt die Profitrate tendenziell. Die gestiegene Nachfrage nach Arbeitskräften treibt die Löhne in die Höhe. Die Auswirkungen der Steigerung der Arbeitsproduktivität durch Investitionen in neue Technologien lassen allmählich nach. Erhöhte Investitionen treiben den Marktpreis von Kapitalgütern in die Höhe. Finanzspekulationen treiben den Marktwert des Kapitals weiter in die Höhe und tragen dazu bei, dass der Preis von Unternehmensaktien im Vergleich zu den Gewinnen der zugrunde liegenden Unternehmen viel schneller steigt.

Ab einem bestimmten Punkt schränken die Kapitalisten daher ihre Neuinvestitionen ein. Die Gesamtwirtschaft tritt dann in eine Phase der Schrumpfung ein. Wie Marx in Band III des Kapital erklärt:

„Es wird nicht zuviel Reichtum produziert. Aber es wird periodisch zuviel Reichtum in seinen kapitalistischen, gegensätzlichen Formen produziert.

Die Schranke der kapitalistischen Produktionsweise tritt hervor:

  1. Darin, daß die Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit im Fall der Profitrate ein Gesetz erzeugt, das ihrer eignen Entwicklung auf einen gewissen Punkt feindlichst gegenübertritt und daher beständig durch Krisen überwunden werden muß.

  2. Darin, daß … Profit und das Verhältnis dieses Profits zum angewandten Kapital, also eine gewisse Höhe der Profitrate über Ausdehnung oder Beschränkung der Produktion entscheidet, statt des Verhältnisses der Produktion zu den gesellschaftlichen Bedürfnissen, zu den Bedürfnissen gesellschaftlich entwickelter Menschen.“49

Keynesianische Ökonomie im pseudo-marxistischen Gewand

In The Endless Crisis gibt Foster vor, eine marxistische Analyse des globalen Wirtschaftsabschwungs nach 2008 und der Widersprüche des gegenwärtigen Kapitalismus im Allgemeinen zu liefern. Obwohl er einige marxistische Begriffe verwendet, entspricht seine Analyse eigentlich der Hauptströmung des liberalen Reformismus in den USA, die mit den Lehren und der Politik des verstorbenen britischen Ökonomen John Maynard Keynes verbunden ist.50 Foster behauptet, dass das Einkommen der unteren Klassen nicht ausreicht, um die Warenproduktion im Kapitalismus zu kaufen. Er schreibt:

„Das System ist mit einer unzureichenden effektiven Nachfrage konfrontiert – mit Hindernissen für den Konsum, die schließlich zu Investitionshindernissen führen. Wachsende Überkapazitäten verhindern die Bildung neuen Kapitals, da die Unternehmen nicht bereit sind, in neue Anlagen und Ausrüstungen zu investieren, wenn erhebliche Teile ihrer bestehenden Kapazitäten ungenutzt sind.“

In der Terminologie der bürgerlichen Ökonomie lässt sich diese Sichtweise als eine „Unterkonsumtionstheorie“ des konjunkturellen Abschwungs einordnen.

Bei der Darlegung seiner Argumentation geht Foster auf die Profitrate nicht ein. Wie wir gesehen haben, sinkt diese während einer Expansionsphase tendenziell. Daher können die Kapitalisten die gestiegene Menge an Waren nur zu einem Preis verkaufen, der eine niedrigere Profitrate widerspiegelt. Vom Standpunkt der Kapitalisten aus betrachtet, erscheint dieser Zustand als „Überproduktion“ oder „Überkapazitäten“. Sie drosseln die Neuinvestitionen und stürzen die Wirtschaft in eine Schrumpfungsphase, bis die während des Abschwungs vorherrschenden Faktoren – die Löhne und der Marktwert des Kapitals sinken tendenziell – wieder eine höhere Profitrate ermöglichen.

Die Theorie, dass die Hauptursache für konjunkturelle Abschwünge ein Mangel an Konsumnachfrage im Verhältnis zur Produktionskapazität ist, stammt nicht aus der Zeit des monopolistischen Kapitalismus. Der Kern dieser Theorie geht auf einige führende Vertreter der klassischen britischen bürgerlichen Wirtschaftslehre im frühen 19. Jahrhundert zurück, insbesondere Thomas Malthus. Malthus, der Foster um zwei Jahrhunderte vorwegnahm, argumentierte, „die Fähigkeit der arbeitenden Klassen, zu verbrauchen, [kann] nie allein eine genügende Anregung zur Aufwendung von Kapital bilden“.51

In Band III des Kapital lehnte Marx alle damals gängigen Theorien der Unterkonsumtion und Überproduktion ab. Er erklärte:

„Es werden nicht zuviel Lebensmittel produziert im Verhältnis zur vorhandnen Bevölkerung. Umgekehrt. Es werden zuwenig produziert, um der Masse der Bevölkerung anständig und menschlich zu genügen. …

Aber es werden periodisch zuviel Arbeitsmittel und Lebensmittel produziert, um sie als Exploitationsmittel der Arbeiter zu einer gewissen Rate des Profits fungieren zu lassen.“52

Während der Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren wurde die Unterkonsumtionstheorie von Keynes, der Malthus als intellektuellen Vordenker bezeichnete, wiederbelebt und popularisiert. Die Hauptursache für den Produktionsrückgang war nach dieser Lehre ein Mangel an „effektiver Nachfrage“.53 Keynes und seine Anhänger sprachen sich dafür aus, dass der Mangel an effektiver Nachfrage durch höhere Staatsausgaben für öffentliche Arbeiten und Sozialprogramme zugunsten der arbeitenden Bevölkerung (z.B. Arbeitslosenversicherung, Altersrenten, verstaatlichte Gesundheitsversorgung, Einkommenstransfers für die Armen) ausgeglichen werden sollte. Dieses altbekannte keynesianische Programm wird heute in den USA von dem liberalen Ökonomen Paul Krugman in seinen Kolumnen in der New York Times befürwortet. Wenn, wie Foster (in Übereinstimmung mit Keynes und Krugman) behauptet, die Ursache des wirtschaftlichen Abschwungs ein Mangel an effektiver Nachfrage ist, dann wären ausgedehnte schuldenfinanzierte Staatsausgaben wirksam, um die Produktion wieder auf volle Kapazität zu bringen, mit Vollbeschäftigung der Arbeitskräfte.

In der gesamten kapitalistischen Welt geht die Politik der Regierungen jedoch in genau die entgegengesetzte Richtung. Von Obamas Amerika über Camerons Großbritannien bis hin zu Merkels Deutschland und der gesamten Euro-Zone ist fiskalische Sparpolitik das Gebot der Stunde. Krugman erklärt das Streben nach fiskalischer Sparsamkeit als einen Triumph der rechten Ideologie über die wirtschaftliche Vernunft. In einem Artikel in der New York Review of Books54 mit dem Titel „Wie die Argumente für Sparmaßnahmen zusammengebrochen sind“55 behauptet er: „Die Argumente für die Sparmaßnahmen waren und sind solche, die viele mächtige Leute glauben wollen, was sie dazu bringt, alles aufzugreifen, was wie eine Rechtfertigung aussieht.“

In der Tat dient die Sparpolitik den Interessen der Kapitalistenklasse. Kürzungen bei staatlichen Sozialprogrammen senken die Gemeinkosten der Produktion im weitesten Sinne und tragen daher zu einer höheren Profitrate bei. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Arbeitermassen Klassenkämpfe führen, um diese Offensive der Sparpolitik zurückzuschlagen. Im Verlauf solcher Kämpfe müssen die Arbeiter zu der Einsicht gebracht werden, dass die Tendenz zur Verelendung des Proletariats nur durch die Expropriation der Expropriateure im Zuge einer sozialistischen Revolution beendet werden kann.

Klimawandel – Perspektivenwandel

Als marxistische Gegner der kapitalistischen Ordnung ist es nicht unsere Aufgabe, der Bourgeoisie als Wirtschaftsberater zu dienen. Vielmehr streben wir danach, die Arbeiterklasse über ihr historisches Interesse an der Beseitigung des Kapitalismus und der Errichtung einer eigenen Klassenherrschaft aufzuklären. Die reformistischen „Sozialisten“ sind erbitterte Gegner dieses Programms. Mit der Zerstörung der Sowjetunion – einer Katastrophe, die von der International Socialist Organization (ISO) und vielen anderen bejubelt wurde – haben sie zunehmend sogar aufgegeben, sich auch nur heuchlerisch auf das Ziel zu beziehen, den Kapitalismus zu beseitigen. Und jetzt haben sie sich die Sache der „Klimagerechtigkeit“ auf die Fahnen geschrieben, um die kapitalistischen Ausbeuter zur Mäßigung ihres Verhaltens zu drängen. Der ISO-Klimaguru Chris Williams hat es auf den Punkt gebracht: „Die Bündelung sozialer und ökologischer Forderungen in einer einheitlichen, von den etablierten Politikern unabhängigen Bewegung hat die Kraft, die staatliche Politik auf nationaler Ebene zu verändern.“56 Das ist das Markenzeichen des Bündnisses System Change Not Climate Change (SCNCC), in dem die ISO eine treibende Kraft ist.

Es stimmt, dass es auf der Erde heute insgesamt heißer ist als noch vor einem Jahrhundert, und dass menschliche Aktivitäten – z. B. die Verbrennung fossiler Brennstoffe – weitgehend für die steigende Konzentration von Kohlendioxid und anderen Treibhausgasen in der Atmosphäre verantwortlich sind. In einem angesehenen wissenschaftlichen Bericht wurde festgestellt: „Durch seine weltweite industrielle Zivilisation führt der Mensch unbewusst ein riesiges geophysikalisches Experiment durch. Innerhalb weniger Generationen verbrennt er die fossilen Brennstoffe, die sich in den letzten 500 Millionen Jahren langsam in der Erde angesammelt haben. Das bei dieser Verbrennung entstehende CO2 wird in die Atmosphäre ausgestoßen, wo es etwa zur Hälfte verbleibt.“ Weiter heißt es: „Die Klimaveränderungen, die durch den erhöhten CO2-Gehalt hervorgerufen werden können, könnten aus Sicht des Menschen schädlich sein.“ Dieser Bericht mit dem Titel „Wiederherstellung der Umweltqualität“ wurde 1965 der Regierung [des damaligen US-Präsidenten] Johnson vorgelegt.

Das Experiment dauert bis heute an. Für die Umweltschützer besteht die Antwort darin, die industrielle Zivilisation auf ein Minimum zu reduzieren und die fossilen Brennstoffe im Boden zu belassen. Für Marxisten geht es darum, das unbewusste Verhalten durch bewusste und informierte Planung zu ersetzen. Man muss auch bedenken, dass die letztendlichen Auswirkungen des derzeitigen Erwärmungstrends, der ein breites Spektrum an Möglichkeiten umfasst und von Ort zu Ort erheblich variieren könnte, heute nicht viel genauer bekannt sind als vor einem halben Jahrhundert.

Die Ökosozialisten halten jedoch die katastrophalsten Prognosen als wissenschaftliches Evangelium hoch. Auf dem Left Forum, das im Juni diesen Jahres in New York City stattfand, bezeichneten mehrere Redner den Klimawandel als die schlimmste Krise, die die Menschheit je erlebt hat. Fosters Ausführungen bei der abschließenden Vortragsrunde standen unter der Überschrift „Die epochale Krise“. Der Nation-Autor Christian Parenti beschwor sogar den unkontrollierbaren Treibhauseffekt, der die Venus in den heißesten Planeten unseres Sonnensystems verwandelte. Weit entfernt von einem klaren Aufruf zur Abschaffung der Produktion für den privaten Profit, dient die Angstmacherei nur einem Zweck: diverse Pläne zur Eindämmung der Nutzung von Kohlenwasserstoffen im Kapitalismus anzupreisen.

Der gegenwärtige Klimawandel kann eine nachhaltige und langfristige Bedrohung für die menschliche Gesellschaft darstellen, muss es aber nicht. Solange die kapitalistischen Herren das Sagen haben, ist es wirklich ein Glücksspiel. Die Umweltzerstörung ist nur eines von vielen Problemen, die mit der Funktionsweise des kapitalistischen Systems zusammenhängen, und viele sind weitaus drängender: Arbeitslosigkeit und extreme Armut, Massenhunger, imperialistische militärische Abenteuer und Eroberungen, die Verstärkung der sozialen Rückständigkeit (Blutvergießen zwischen den Völkern, die Unterordnung der Frau in der Familie usw.), um nur einige zu nennen. Ohne jeden Zweifel ist die größte Bedrohung für die Menschheit das Atomwaffenarsenal in den Händen der US-amerikanischen imperialistischen Machthaber. Selbst ein regionaler Atomkrieg, etwa zwischen Indien und Pakistan, könnte viele Millionen Menschen auslöschen und die Erde zu einem kälteren, hungrigeren Planeten machen.

Den Klimawandel über alles andere zu stellen, ist eine bequeme Ausrede, um sich mit der Bourgeoisie zu verbünden – der Klasse, die hinter allen diesen Verbrechen steht. Die Messung von Kohlenstoff als Maßstab für eine fortschrittliche Politik ist die logische Folge. In den 800000 Jahren vor der Aufzeichnung der menschlichen Geschichte überstieg der Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre nie 300 Millionstel; heute liegt er bei ungefähr 400 Millionstel. Im Vergleich dazu lag die Konzentration in der Jurazeit, als die Dinosaurier herrschten, wahrscheinlich in der Nähe von 2000 Millionsteln. Dazu Foster:

„Wir müssen auf 350 Millionstel absinken, was einen sehr großen sozialen Wandel in einem Ausmaß bedeutet, das von jedem in der heutigen Gesellschaft als revolutionär angesehen würde – eine grundlegende Umgestaltung unserer gesamten Gesellschaft. Das müssen wir anstreben, und das müssen wir von unserer Gesellschaft verlangen. Vergesst den Kapitalismus, vergesst die Frage, ob das System dazu in der Lage ist. Lasst das nicht euer Maßstab sein. Sagt, dass dies für den Planeten, für das Überleben der Menschheit, für die Gerechtigkeit, für die Umweltgerechtigkeit notwendig ist und wir es einfach tun müssen.“57

Eine der aktiveren heutigen Gruppierungen für Klimaschutz aus den USA heißt 350.org. Trotz der Popularität dieser numerologischen Betrachtung haben die jahrzehntelangen wissenschaftlichen Untersuchungen des äußerst komplexen Klimasystems noch keinen Schwellenwert für den Kohlenstoffgehalt gefunden, dessen Überschreitung eine unlösbare Krise hervorbringen würde.

Nach dem CO2-Barometer zu urteilen, war der Supersturm Sandy ein Segen, als er im Nordosten der USA die Lichter ausschaltete, ebenso wie die große Rezession, die zahllosen arbeitenden Menschen auf der ganzen Welt leere Taschen beschert hat. Ebenso sollte das kapitalistische Deutschland für den mehr als 20-prozentigen Rückgang seiner Kohlendioxidemissionen in den letzten zwei Jahrzehnten gelobt werden. Heute stammt im Durchschnitt ein Viertel der Gesamtenergie des Landes aus so genannten erneuerbaren Quellen – und an besonders sonnigen Tagen sogar fast die Hälfte. Aber es ist noch ein weiter Weg, um den Pro-Kopf-„Kohlenstoff-Fußabdruck“ Frankreichs zu erreichen, wo die Kernspaltung die wichtigste Energiequelle ist. Diese beiden Hauptstützen der imperialistischen Europäischen Union haben in den letzten Jahren die Arbeiterklasse Europas ausgepresst und abhängige Länder wie Griechenland in die Zange genommen.

Einige ökosozialistische Aktivisten mögen angesichts der eher unangenehmen Konsequenzen, alles nach dem Kohlenstoffgehalt zu beurteilen, erblassen. Aber ein Teil dieses Konzepts ist es, die Senkung des Lebensstandards zu unterstützen. Ein Beispiel dafür ist die Kohlenstoffsteuer. „In die richtige Richtung weisen“ nach Einschätzung der ISO die Gesetzesvorschläge der Senatoren Barbara Boxer und Bernie Sanders, die eine Kohlenstoffabgabe auf fossile Brennstoffe an der Quelle (Mine, Bohrloch oder Einfuhrhafen) erheben würden, um erneuerbare Energien und ähnliche Technologien zu finanzieren. In dem Gesetzentwurf wird vorgeschlagen, einen Teil der Einnahmen an die Verbraucher zurückzugeben, um die höheren Preise auszugleichen, die sich ergeben würden, wenn die Unternehmen die Kosten der Steuer an die Öffentlichkeit weitergeben. Dennoch würde diese Ausgleichszahlung die Differenz nicht decken und zu einem Anstieg der Lebenshaltungskosten für die arbeitenden Menschen und die Armen führen. Unterdessen werden die Konzerne, die Energie produzieren, unabhängig von der Quelle, weiterhin Geld verdienen. Kein Geringerer als ExxonMobil hat kürzlich seine Unterstützung für „eine gut konzipierte, einkommensneutrale Kohlenstoffsteuer“ angekündigt.

Der Klimawandel ist uns alles andere als gleichgültig, unabhängig von seinem Zeitplan und seinen Folgen. Aber unser Hauptanliegen ist die menschliche Zivilisation, und wir sind ihrem größten Feind unerbittlich feindlich gesinnt: der herrschenden Kapitalistenklasse der USA.58 Es wird nichts Gutes dabei herauskommen, diese Plünderer der Welt zu beraten, wie man am besten Energie erzeugt. Stattdessen muss das Proletariat die kapitalistische Industrie enteignen und sie in den Dienst der Gesellschaft als Ganzes stellen.

Im ersten Teil von „Capitalism and Global Warming“59 schrieben wir:

„Wenn die Arbeiter der Welt regieren, wird Energie auf die rationellste, effizienteste und sicherste Weise erzeugt und genutzt werden, auch durch die Entwicklung neuer Energiequellen. Wir schließen die Nutzung fossiler Brennstoffe oder anderer Energiequellen – Kernenergie, Wasserkraft, Sonnenenergie, Windkraft usw. – nicht von vornherein aus. Allein die Förderung von Modernisierung und umfassender Entwicklung in der Dritten Welt, wo heute Milliarden Menschen in verzweifelter Armut leben, würde mit Sicherheit eine weitaus größere Energieproduktion auf globaler Ebene erfordern.“

Auch wenn die fossilen Brennstoffe noch nicht vollständig aus dem Verkehr gezogen sind, wird eine vom Profitstreben befreite Welt viele Möglichkeiten haben, einen positiven Einfluss auf das Klima auszuüben. So könnten beispielsweise gezielte Anstrengungen unternommen werden, um die Energieerzeugung und andere Industriezweige umzurüsten und ihre Betriebsabläufe so zu verändern, dass die Treibhausgasemissionen minimiert und die Auswirkungen der Erwärmung gemildert werden.

Fossile Brennstoffe und die Politik des Druckausübens

Die Politik der ökosozialistischen Schar der ISO läuft auf ganz gewöhnliche Umweltbewegung hinaus. Der Slogan „System Change, not Climate Change“60 stammt aus dem Direkte-Aktion-Flügel der Umweltbewegung. Er wurde erstmals bei den Protesten vor den UN-Klimagesprächen in Kopenhagen im Dezember 2009 verbreitet und ist absichtlich zweideutig, um möglichst viele Aktivisten unter seine Fahne zu bringen. Im grünen Milieu umfasst der vorgeschlagene „Systemwechsel“ die gesamte Palette umweltpolitischer Maßnahmen, von der Eindämmung des Wirtschaftswachstums und der Abkehr von der „Konsumkultur“ bis hin zu „Fossile Brennstoffe im Boden lassen“ und der Abschaffung der Autos.

Das SCNCC hat sich entschieden, seine Aktivitäten auf den „Kampf für eine Welt ohne fossile Brennstoffe“ zu konzentrieren, d.h. Druck auf die kapitalistische Demokratische Partei auszuüben, um die US-Wirtschaft von den Kohlenwasserstoffen zu entwöhnen. Unter großem Trara stellte US-Präsident Barack Obama im Juni [2013] seinen „Klimaaktionsplan“ zur Eindämmung der Treibhausgasemissionen vor, der unter anderem vorsieht, dass die Umweltschutzbehörde neue Normen zur Begrenzung des von Kohlekraftwerken in die Atmosphäre ausgestoßenen Kohlendioxids ausarbeitet. Die Republikaner im Kongress und die Industriemagnaten beklagten daraufhin den angeblichen „Krieg gegen die Kohle“ und warnten vor höheren Stromkosten für die breite Masse der Bevölkerung. Gewerkschaften wie die United Mine Workers waren verärgert darüber, dass der Plan nicht einmal ein Lippenbekenntnis zu den Härten und Leiden enthielt, die den Kohlebergleuten, den Beschäftigten der Versorgungsunternehmen und ihren Familien bevorstanden.

Obwohl viele Mainstream-Umweltschützer jubelten, hat das SCNCC die Rede von US-Präsident Obama nicht „gefeiert“. In einer Erklärung vom 4. Juli [2013] mit dem Titel „Wir brauchen einen echten Plan für den Planeten“61 beklagte das SCNCC, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen „nicht annähernd weit genug gehen“ und gab dem Weißen Haus den Ratschlag: „Anstelle einer Energiepolitik nach dem Motto ‚alles oder nichts‘ sollten wir die Finanzierung massiv und ausschließlich auf erneuerbare Energiequellen wie Wind und Sonne ausrichten.“

Die Behauptung, eine Energiequelle sei im Rahmen des profitgetriebenen kapitalistischen Systems und seiner anarchischen Produktionsverhältnisse sinnvoller als eine andere, ist ein Spiel mit dem Feuer. In den USA führte der Schwindel um den als Mittel zur Verringerung der Kohlenstoffemissionen angepriesenen Biokraftstoff Mais-Ethanol vor fünf Jahren zu einem Ausfall der Getreideernte und trug dazu bei, eine weltweite Nahrungsmittelkrise auszulösen. Auch die Solarenergie ist nicht ohne Risiken. Sowohl bei der Gewinnung und Verarbeitung von Seltenerdmetallen für Solarpaneele als auch bei der Herstellung selbst fallen enorme Mengen an giftigen Schlämmen und Schadstoffen an, die die Wasserversorgung vergiften, während die an der Herstellung der Paneele beteiligten Chemikalien zusätzliche Gefahren für die Arbeiter mit sich bringen.

Ein aktuelles Steckenpferd der Ökosozialisten ist der nördliche Abschnitt der 1700 Meilen langen Keystone-XL-Pipeline, die Öl aus den Teersanden von Alberta in Kanada an die Golfküste der USA transportieren würde. US-Präsident Obama muss noch die Genehmigung für den Abschnitt erteilen, der die Grenze überquert. Die Befürworter der Keystone-Pipeline sehen in dem Projekt den Schlüssel für die „Energieunabhängigkeit“ des US-Imperialismus vom Öl des Nahen Ostens; Umweltschützer stellen es als Instrument des Weltuntergangs dar.

Eine vom Sierra Club und 350.org organisierte Anti-Keystone-Kundgebung in Washington, D.C., zog im Februar Zehntausende von Demonstranten an. In der Woche zuvor hatte die ISO in Socialist Worker62 die Hoffnung geäußert, dass dieses „historische Ereignis“ „eine Botschaft an die Obama-Regierung senden würde, dass die Zeit für echte Maßnahmen in Umweltfragen gekommen ist“. Das Weiße Haus begrüßt solche Botschaften, wie der Oberbefehlshaber in seiner Juni-Rede zum Klimawandel deutlich machte: „Was wir in diesem Kampf brauchen, sind Bürger, die aufstehen und ihre Stimme erheben und uns dazu zwingen, das zu tun, was dieser Moment verlangt.“ Und da haben wir es: das präsidiale Gütesiegel für die neueste „Graswurzelbewegung“.

Was die Keystone-XL-Pipeline betrifft, so gibt es für Marxisten weder einen Grund, sie zu unterstützen, noch sie abzulehnen. Im Allgemeinen dienen Ölpipelines der gesellschaftlich nützlichen Funktion des Transports von Treibstoff. Aber Einsparungen, um die Gewinnspannen zu erhöhen – was für die Energiebarone das A und O ist – sind ein tödliches Geschäft. Einige amerikanische Ureinwohner lehnen die Pipeline aus der berechtigten Sorge heraus ab, dass ein Leck die Wasserquellen verseuchen könnte, die ihre Reservate versorgen. Nach allem, was man hört, sind schlampige Konstruktion, schlechte Schweißnähte und minderwertige Materialien Merkmale der bestehenden Keystone-Pipeline. Was wir brauchen, sind kämpfende Gewerkschaften, die die Kontrolle über Sicherheitsstandards und -praktiken ausüben können.63

Unsere Position zur Keystone XL-Pipeline spiegelt eine Norm für Fragen der bürgerlichen Energiepolitik wider. Aber sie ist nicht allgemeingültig. Im Falle der Northern-Gateway-Pipeline, die von Alberta zur Küste von British Columbia verlaufen soll, lehnen unsere kanadischen Genossen das Projekt zu Recht ab, allerdings nicht aufgrund der Arithmetik der Treibhausgaszahlen oder anderer Umwelterwägungen. Vielmehr missachtet der geplante Bau schamlos die Landrechte der Ureinwohner, die die überwiegende Bevölkerung in den abgelegenen Regionen sind, durch die die Pipeline verlaufen würde.

Grüner werden an der Wall Street

Zur Freude der Ökosozialisten hat der Gründer von 350.org, Bill McKibben, im vergangenen Jahr mit seiner effekthascherischen Vortragsreise unter dem Motto „Do the Math“64 die Forderung nach einem Ausstieg aus der Kohle-, Öl- und Gasförderung populär gemacht. Die Desinvestitions-Bemühungen haben sich seither auf über 300 Universitäten im ganzen Land ausgebreitet und bei einer Reihe von Bürgermeistern Gehör gefunden. Bis heute haben sich sechs Universitäten und 18 US-Städte, darunter Seattle und San Francisco, dazu verpflichtet, ihre Beteiligungen an solchen Unternehmen aufzulösen.

In ihrem Artikel „Divest to Save the Planet“65 schwärmt die ISO: „Der Kampf für Desinvestition ist Teil einer Verschiebung unter den Aktivisten weg von Aufrufen zur Änderung des Lebensstils und markiert einen neuen Fokus auf die systemische Natur des Klimawandels.“ In Wirklichkeit besteht dieser „Kampf“ aus genau derselben Strategie des moralischen Zuredens, nur dass sie sich jetzt an Universitätsverwaltungen und Stadtregierungen richtet. Im Namen des „Bewegungsaufbaus“ haben ISO & Co. sich mit einer von Unternehmen finanzierten Anstrengung verbündet, die kapitalistische Ausbeutung grün zu waschen.

Die Desinvestitionskampagne wurde in Absprache mit der „progressiven“ Wall-Street-Investorengruppe Ceres organisiert. Diese Bannerträgerin des grünen Kapitalismus hat kürzlich die Unterstützung von fast 700 Unternehmen, darunter General Motors und Microsoft, für eine Erklärung erhalten, dass „der Klimawandel eine der größten wirtschaftlichen Chancen für Amerika im 21. Jahrhundert“ sei. Den Fondsmanagern wird u.a. empfohlen, Geld in natürliche Ressourcen und Infrastrukturen in „Schwellenländern“ zu investieren, d.h. das Eindringen des imperialistischen Kapitals in die halbkoloniale Welt und die Kontrolle darüber zu fördern. Kein Wunder, dass McKibben einen Ehrenplatz auf der Ceres-Konferenz 2013 erhielt, an der Unternehmen wie JPMorgan Chase, Bank of America, Citi, Con Edison, Bloomberg, Sprint und Ford teilnahmen.

Inmitten der jüngsten Flut von Kritik an McKibben innerhalb des grünen Milieus eilte Williams von der ISO in einem dreiteiligen Kommentar mit dem Titel „Questions for the Movement“66 zu seiner Verteidigung. Obwohl er hauptsächlich damit beschäftigt ist, die aktive Beteiligung angeblicher Sozialisten am Verkauf kapitalistischer Investitionsstrategien zu rechtfertigen (die Antwort hat irgendwas mit der „internen Dynamik sozialer Bewegungen“ zu tun), räumt Williams ein, dass „McKibben weiterhin unschlüssig ist, ob Barack Obama und die Demokratische Partei Teil der Klimalösung sein können“. Dann beklagt er die sechs Jahre „heiße Luft ohne wirkliche Konsequenzen“ aus dem Weißen Haus, dessen derzeitiger Bewohner in seiner Juni-Rede dazu aufrief: „Investieren. Desinvestieren. Erinnern Sie die Leute daran, dass es keinen Widerspruch zwischen einer intakten Umwelt und einem starken Wirtschaftswachstum gibt.“

Es ist noch gar nicht so lange her, dass Williams selbst voller Hoffnung für Obama war. Im Kapitel „Real Solutions Right Now“67 seines Buches Ecology and Socialism68 skizzierte Williams „einen Aktionsplan der Regierung für die Umwelt“ und bot an: „Ein solches Programm könnte sogar als ‚Grüner New Deal für das einundzwanzigste Jahrhundert‘ bezeichnet werden – ‚gut für den Planeten, gut für die Menschen, gut für den Profit‘. Diese Vorschläge könnten theoretisch im Rahmen der kapitalistischen Gesellschaftsverhältnisse durch staatliche Regulierung umgesetzt werden, insbesondere durch eine proaktive und vorausschauende Obama-Regierung“.69 Reflexartig fügt Williams hinzu: „Reformen, die im Kapitalismus theoretisch möglich sind, werden nicht durchgeführt, weil sie ‚sinnvoll‘ sind, sondern weil die Politiker gezwungen werden, sie umzusetzen.“

Das ist die ISO (und andere Reformisten) auf den Punkt gebracht: Sie versuchen, die kapitalistische Regierung durch die Demokratische Partei unter Druck zu setzen. Oder sie unterstützen, wie bei der Tätigkeit der ISO im SCNCC, Politiker der Grünen Partei mit dem gleichen Ziel. Die Tatsache, dass ihre Verbündeten von der Grünen Partei nicht einmal den leisesten Anschein von Sozialismus erwecken, hat der ISO nie viel ausgemacht, die sogar Kandidaten auf der Liste dieser bürgerlichen Partei aufgestellt hat.

„Grüne“ Jobs und die Arbeiterbewegung

Der grüne Radikalismus entstand aus dem Gegenkultur-Flügel der Neuen Linken, der dem Marxismus und der organisierten Arbeiterbewegung zutiefst feindlich gegenüberstand. Diese Umweltaktivisten traten für die Demontage der modernen Industriegesellschaft ein und brachten dabei nichts als Verachtung für die Arbeiterklasse zum Ausdruck. Eine prominente Gruppierung war Earth First!, die bei ihrer Gründung 1980 versprach: „Keine Kompromisse bei der Verteidigung von Mutter Erde!“ Zu ihren Bemühungen gehörte es, Stacheln in Bäume zu treiben, um Kettensägen zu zerstören – eine Praxis, die das Leben und die Gliedmaßen von Holzfällern gefährdete. Bei Straßenblockaden vor Zellstofffabriken konfrontierten die Ökoradikalen die Lastwagenfahrer und skandierten: „Es gibt keine Arbeitsplätze auf einem toten Planeten!“

Diese Haltung, wenn auch nicht der Slogan selbst, wird heute von einigen grünen Aposteln, die auf der Suche nach Bekehrten in der Gewerkschaftsbürokratie sind, mit einem „arbeiterfreundlichen“ Anstrich versehen. In einem Schreiben vom 8. September [2013] an den AFL-CIO-Chef Richard Trumka am Vorabend des Gewerkschaftskongresses plädierten 350.org und mehr als 60 gleichgesinnte Gruppen: „Wir müssen von Jobs gegen Umwelt zu Jobs für die Umwelt übergehen.“ Der von Williams von der ISO und anderen Ökosozialisten des SCNCC verkündete „Grüne New Deal“ ist aus dem gleichen Holz geschnitzt. Er soll die Tatsache verschleiern, dass sie Arbeitsplätze in ganzen Industriezweigen abbauen würden, während sie gleichzeitig mehr Beschäftigung in bevorzugten Bereichen anstreben.

Die Gewinnung und Verarbeitung fossiler Brennstoffe ist eine gefährliche Arbeit. Aber ein „grüner Job“ ist nicht per se vorzuziehen. Aufgrund der Befürchtungen der herrschenden Klasse in den USA, dass sie in Sachen Innovation und Spitzenfertigung gegenüber China den Kürzeren ziehen könnte, hat die Obama-Regierung Dutzende von Milliarden Dollar an Konjunkturmitteln für erneuerbare Energien und Projekte zur Steigerung der Energieeffizienz bereitgestellt. Infolgedessen ist die Beschäftigung in der Solarindustrie und in der übrigen „grünen Wirtschaft“ stetig gestiegen. In diesen Branchen herrschen schlechte Löhne, Sozialleistungen und Arbeitsbedingungen, wobei die Löhne in vielen Solarmodul- und Windturbinenfabriken unter dem nationalen Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes liegen. Nur wenige der Beschäftigten sind gewerkschaftlich organisiert.

Eine Gruppe von 62 schwarzen Arbeitern, die an vorderster Front der „grünen Wirtschaft“ tätig sind, reichte 2008 eine Klage wegen Rassendiskriminierung gegen ihr Unternehmen, eine Tochtergesellschaft von General Electric, ein. Das Arbeitsteam reiste durch das Land und wechselte Luftfilter, die giftige Partikel in Kraftwerken und anderen Industriestandorten auffangen. Sie wurden zu Überstunden gezwungen, erhielten keinen angemessenen Schutz vor dem gefährlichen Material, mit dem sie arbeiteten, und wurden mit rassistischen Beschimpfungen überhäuft. Wenn die Gruppe versuchte, eine Pause zu machen, weil die Hitze oder der Ruß unerträglich wurden, wurden sie als faule „N—r“ verhöhnt und mit Entlassung bedroht.

Ein „Grüner New Deal“ mit Amerikas bürgerlichen Herrschern wird nichts dazu beitragen, die verheerenden Folgen für die arbeitenden Menschen umzukehren. Vielmehr bedarf es eines harten Klassenkampfes gegen die räuberischen Ausbeuter, einschließlich einer energischen Kampagne der Gewerkschaften zur Organisierung der Masse der unorganisierten Arbeiter in der „grünen Wirtschaft“ und anderswo in der Industrie.

Für internationale proletarische Revolution!

Wenn „der Kapitalismus den Planeten tötet“, wie das SCNCC verkündet, dann tragen die ISO und ihre Partner ihren kleinen Teil dazu bei, das Attentat auszuführen. Wir schätzen die Wunder der natürlichen Welt, aber wir vergöttern die Natur nicht. Marxisten betrachten die Frage des Klimawandels unter dem Gesichtspunkt seiner möglichen Auswirkungen auf die menschliche Gesellschaft und nicht unter dem Gesichtspunkt der Bewahrung einer imaginären natürlichen Ordnung. In der Tat verändert sich das Klima mit oder ohne den Menschen ständig, manchmal schneller, manchmal weniger schnell.

Seit den Anfängen der Menschheit haben unsere Vorfahren in der Natur ihre Spuren hinterlassen, ebenso wie diese auf den Menschen eingewirkt hat. In seinem Buch Plows, Plagues, and Petroleum70 stellt der Klimaforscher William Ruddiman fest:

„Die Befürworter des Umweltschutzes umgeben ihre Positionen oft mit hochtrabenden, predigenden Bezugnahmen auf Jean Jacques Rousseaus Vorstellung vom ‚edlen Wilden‘, der Vorstellung eines primitiven, aber weisen Volkes, das einst das Land schonte und in völliger Harmonie mit der Umwelt lebte. Sie kontrastieren diese angeblich einst unberührte Welt mit den Übeln der schwerindustriellen Entwicklung in den letzten zwei Jahrhunderten. Sie stellen die industrielle Entwicklung als den ersten und einzigen wirklichen Angriff des Menschen auf die Natur dar…

Die Vorstellung von einer unberührten Natur ist ein Mythos: Die vorindustriellen Kulturen hatten schon lange einen großen Einfluss auf die Umwelt.“

Im Grunde begann alles mit der Landwirtschaft.

Obwohl John Bellamy Foster sich nicht offen auf den „edlen Wilden“ beruft, wird es in seiner Version der sozialistischen Gesellschaft für uns notwendig sein, „die Erde zu schonen“, wie er vor einigen Jahren bemerkte. Aber das, was uns Menschen von anderen Tieren unterscheidet, ist gerade unsere Fähigkeit, Arbeit zu verrichten und die Welt um uns herum so zu verändern, dass sie unseren Zielen dient. In der Einleitung zur Dialektik der Natur von 1883 stellte Friedrich Engels treffend fest: „Nur der Mensch hat es fertiggebracht, der Natur seinen Stempel aufzudrücken, indem er nicht nur Pflanzen und Tiere versetzte, sondern auch den Aspekt, das Klima seines Wohnorts, ja die Pflanzen und Tiere selbst so veränderte, daß die Folgen seiner Tätigkeit nur mit dem allgemeinen Absterben des Erdballs verschwinden können.“71

Die Natur würde es sicher nicht erwidern, wenn der Mensch plötzlich „auf Sparflamme“ leben würde. Krankheiten und Seuchen, Dürren und Waldbrände, Überschwemmungen und Tsunamis, Wirbelstürme und Tornados, Erdbeben und Vulkanausbrüche, Meteoritenschauer und Gammastrahlenausbrüche: All diese Merkmale des Lebens auf der Erde und mehr würden bleiben. Eine menschliche Gesellschaft, die die technologische Entwicklung im Namen des Umweltschutzes zurückfährt, wird der Natur ausgeliefert sein.

Der Weg in die Zukunft besteht in einer qualitativen Entwicklung der Produktivkräfte der Welt in einer internationalen Föderation von Arbeiterstaaten. Nur dann kann der Mangel beseitigt werden – die Vorbedingung für das Verschwinden der Klassen und das Absterben des Staates. Wenn die Masse der Bevölkerung nicht mehr tagtäglich ums Überleben kämpfen muss und moderne Technik, Wissenschaft, Kultur und Bildung allen zur Verfügung stehen, wird es zu einer Explosion der menschlichen Kreativität kommen. Die Fürsorge des Menschen für die Erde würde um ein Vielfaches ansteigen.

Wenn die Produktion geplant und auf die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse und nicht auf das Profitmotiv ausgerichtet ist, können Umweltbelange gebührend berücksichtigt werden. Der enorme Zuwachs an Wissen, Technologien und Ressourcen wird die Menschheit in die Lage versetzen, sich auf alle Widrigkeiten der Natur einzustellen und vorzubereiten. Ein zunehmender Überfluss würde auch die materiellen Faktoren – und rückständige soziale Werte, wie sie etwa von den Religionen propagiert werden – beseitigen, die das Bevölkerungswachstum anheizen. Arme Bauern und Landarbeiter werden nicht mehr gezwungen sein, mehr Kinder zu bekommen, um genügend Arbeitskräfte für die Bearbeitung des Landes zu haben. Die Trennung zwischen Stadt und Land sowie die wirtschaftliche Abhängigkeit von der Familie werden überwunden.

Um eine kommunistische Gesellschaft zu schaffen, muss zunächst die Herrschaft des Kapitals gebrochen werden, in diesem Land und darüber hinaus. Engels führte dies im Anti-Dühring (1878) aus: „Diese weltbefreiende Tat durchzuführen, ist der geschichtliche Beruf des modernen Proletariats. Ihre geschichtlichen Bedingungen und damit ihre Natur selbst zu ergründen, und so der zur Aktion berufenen, heute unterdrückten Klasse die Bedingungen und die Natur ihrer eignen Aktion zum Bewußtsein zu bringen, ist die Aufgabe des theoretischen Ausdrucks der proletarischen Bewegung, des wissenschaftlichen Sozialismus.“72


  1. Siehe „Luftkrieg gegen Libyen: Imperialistischer Terror und Lügen“, Spartakist Nr. 188, Mai 2011.

  2. Siehe „Ukraine: Rechter Putsch geführt von Faschisten, unterstützt von EU/USA“, Spartakist Nr. 202, März 2014.

  3. Siehe z.B. den Artikel „Berlin: Grüne vertreiben Flüchtlinge“, Spartakist Nr. 204, August 2014.

  4. Laika Verlag, Hamburg, 2012. Englischsprachige Originalausgabe: What Every Environmentalist Needs to Know About Capitalism, Monthly Review Press, 2012.

  5. Siehe Videomitschnitt vom 9.1.2021: https://www.jungewelt.de/rlk/de/article/395245.%C3%B6kologische-krise.html.

  6. Z.B. „Die ultimative Krise“ in der Ausgabe vom 9. Januar 2021, oder „Mensch im Anthropozän“ in der vom 29. Mai 2018.

  7. Nr. 1032, 18. Oktober 2013 und Nr. 1033, 1. November 2013.

  8. Das „Intergovernmental Panel on Climate Change“, zu Deutsch: „Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen“.

  9. Es handelt sich immer noch um die aktuellste, fünfte Fassung. Der sechste Bericht soll 2021/22 veröffentlicht werden – E&P.

  10. IPCC, Klimaänderung 2013 – Naturwissenschaftliche Grundlagen – Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger, 2013, S. WGI-2.

  11. a.a.O., S. WGI-15.

  12. Die Gruppierung marx21 in der Linkspartei vertritt in Deutschland die gleiche politische Strömung wie die ISO (siehe zum Thema etwa ihren Artikel „Marx als Ökologe“, 27. August 2019). Letztere hat sich allerdings 2019 aufgelöst (siehe „Anti-Communists Go Home to the Democrats – ISO: Rest In Pieces“, WV Nr. 1154, 3. Mai 2019) – E&P.

  13. Diese Themen werden in unserem zweiteiligen Artikel „Capitalism and Global Warming“ (zu Deutsch: Kapitalismus und globale Erwärmung), WV Nr. 965 und 966, 24. September und 8. Oktober 2010, ausführlich behandelt.

  14. Gemeint ist die Green Party in den USA, das Gleiche gilt aber auch für die Grünen in Deutschland – E&P.

  15. Englischsprachiger Originaltitel: „If America Should Go Communist“, im Liberty Magazine, 23. März 1935. Auf Deutsch in Trotzki, Denkzettel – Politische Erfahrungen im Zeitalter der Revolution, Suhrkamp, Frankfurt am Main, 1981, S. 244–254.

  16. a.a.O., S. 244.

  17. a.a.O., S. 247.

  18. Siehe den Artikel „Kapitalistische Anarchie und die Verelendung der Arbeiterklasse“ in Ergebnisse & Perspektiven Nr. 1, Januar 2020 – E&P.

  19. Auf Englisch: „Great Moderation“.

  20. D.h. 2012.

  21. Zu Deutsch: Die ewige Krise: Wie das Monopol-Finanzkapital Stagnation und Aufruhr produziert, von den USA bis China.

  22. Vgl. z.B. Trotzki, Geschichte der Russischen Revolution, Bd. 2, Anhang 2: „Sozialismus in einem Lande?“, Ausg. im Mehring Verlag, Essen, 2010, S. 640 – E&P.

  23. Siehe u.a. den Artikel „China: Arbeiter müssen KP-Spitzen und Prinzlinge wegfegen!“, Spartakist Nr. 204, August 2014 – E&P.

  24. Dezember 1967.

  25. Lenin, Werke, Bd. 23, S.102-118.

  26. a.a.O., S. 113, Hervorhebung im Original.

  27. Monthly Review, Januar 1975.

  28. „The Poverty of Maoist Economics“, WV Nr. 134, 19. November 1976.

  29. Zu Deutsch etwa: „Internationale Volkskonferenz zum Klimawandel und den Rechten von Mutter Erde“.

  30. Nachdem Morales 2019 durch einen rechten Putsch gestürzt wurde (siehe „Bolivia: Down With U.S.-Backed Right-Wing Coup!“, WV Nr. 1166, 29. November 2019), stellt seit 2020 erneut die MAS die kapitalistische Regierung Boliviens – E&P.

  31. Dt. Ausg.: Gesellschaft im Überfluß, Droemer Knaur, 1970.

  32. Siehe den Abschnitt „Kennedy, Galbraith und gewerkschaftsfeindlicher Liberalismus“ des Artikel „Kapitalistische Anarchie und die Verelendung der Arbeiterklasse“, in Ergebnisse & Perspektiven Nr. 1, Januar 2020 – E&P.

  33. Dt. Ausg.: Monopolkapital, Suhrkamp, Frankfurt/M., 1973.

  34. Dt. Ausg. Reclam, Stuttgart, 1998.

  35. a.a.O., S. 88.

  36. a.a.O., S. 89.

  37. a.a.O., S. 74.

  38. Theorien über den Mehrwert, Teil 2, in Marx/Engels, Werke, Bd. 26.2, S. 111.

  39. Marx/Engels, Werke, Bd. 4, S. 467.

  40. Hier beginnt der zweite Teil des Artikels, im Original erschienen in Workers Vanguard Nr. 1033, 1. November 2013. Die Zwischenüberschrift wurde von uns eingefügt – E&P.

  41. Marx/Engels, Werke, Bd. 19, S. 20.

  42. ebd.

  43. Marx/Engels, Werke, Bd. 19, S. 21.

  44. a.a.0., S. 19.

  45. MRZine.org, 29. Oktober 2011.

  46. Englisch: „steady-state economy“. Vgl. Brodbeck, „Ist eine stationäre Wirtschaft möglich? Zur Aktualität von Mill’s Wachstumskritik“, in: Nutzinger, Diefenbacher (Hrsg.): John Stuart Mill heute, Metropolis, Marburg, 2019.

  47. Vgl. Newald, Nachleben des antiken Geistes im Abendland bis zum Beginn des Humanismus: eine Überschau, De Gruyter, Berlin/Boston, 1960, S. 389.

  48. Vgl. Marx/Engels, „Die großen Männer des Exils“, in Marx/Engels, Werke, Bd. 8, S. 322, und „Ein Komplott gegen die Internationale Arbeiterassoziation. Im Auftrage des Haager Kongresses verfaßter Bericht über das Treiben Bakunins und der Allianz der sozialistischen Demokratie“, in Marx/Engels, Werke, Bd. 18, S. 425.

  49. Kapital, Bd. 3, in Marx/Engels, Werke, Bd. 25, S. 268f.

  50. Für eine allgemeine Auseinandersetzung mit Keynes siehe den Artikel „Marx kontra Keynes“ (Spartakist Nr. 183, Mai 2010) und den Abschnitt „Der New Deal der 1930er und der Reformismus in der Arbeiterbewegung“ in „Kapitalistische Anarchie und die Verelendung der Arbeiterklasse“ (Ergebnisse & Perspektiven des Marxismus Nr. 1, Januar 2020) – E&P.

  51. Dt. Ausg.: Grundsätze der Politischen Ökonomie mit Rücksicht auf ihre praktische Anwendung, Verlag von R. L. Prager, Berlin, 1910, S. 527.

  52. Kapital, Bd. 3, in Marx/Engels, Werke, Bd. 25, S. 268.

  53. Siehe Kapitel 3 von Keynes’ Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes (1935), Duncker & Humblot, 6. Auflage, 1983.

  54. 6. Juni 2013.

  55. Im Original: „How the Case for Austerity Has Crumbled“.

  56. Socialist Worker, 26. Juni 2013.

  57. MRZine.org, 30. Oktober 2008.

  58. Diese Schwerpunktsetzung ist korrekt für die US-amerikanische Spartacist League. In der Tradition von Karl Liebknecht erkennen Kommunisten in imperialistischen Ländern den Hauptfeind im eigenen Land – d.h. in Deutschland die deutsche Kapitalistenklasse – E&P.

  59. Zu Deutsch: Kapitalismus und globale Erwärmung; WV Nr. 965, 24. September 2010.

  60. Zu Deutsch: Systemwechsel, nicht Klimawandel.

  61. Englischsprachiges Original: „We Need a Real Plan for the Planet“.

  62. 12. Februar 2013.

  63. Siehe „Lac-Mégantic Industrial Murder“, WV Nr. 1033, 1. November 2013.

  64. Zu Deutsch: Rechnet mal nach.

  65. Zu Deutsch: Desinvestiert, um den Planet zu retten. Socialist Worker, 13. März 2013.

  66. Zu Deutsch: Fragen für die Bewegung. socialistworker.org, 24.-26. September 2013.

  67. Zu Deutsch: Echte Lösungen, jetzt sofort.

  68. Haymarket, 2010.

  69. Hervorhebung im Original.

  70. Princeton, 2005. Zu Deutsch: Pflüge, Seuchen und Erdöl.

  71. In Marx/Engels, Werke, Bd. 20, S. 322f.

  72. Herrn Eugen Dühring’s Umwälzung der Wissenschaft, in Marx/Engels, Werke, Bd. 20, S. 265.

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